Mit der Veröffentlichung ihrer Quartalszahlen kassieren viele Versichererihre Gewinnziele oder weichen ihre Prognosen auf
VON Patrick Hagen
und Anja Krüger, Köln
Die Folgen der Finanzkrise zeigen sich immer deutlicher in den Bilanzen der Versicherer. Anlässlich der Zahlen zum zweiten Quartal haben am Donnerstag einige Unternehmen ihre Probleme gebeichtet: Nicht nur die erfolgsverwöhnte Allianz musste ihr Gewinnziel für 2008 kassieren, auch die zur italienischen Generali gehörende deutsche AMB Generali ruderte zurück. Schwergewichte wie die französische Axa und der Rückversicherer des Talanx-Konzerns Hannover Rück weichen ihre Prognosen auf.
Versicherer wie AIG oder der Rückversicherer Swiss Re bekommen die Finanzkrise unmittelbar und entsprechend hart zu spüren. Rückversicherer übernehmen einen Teil des Risikos von Erstversicherern, die Endkunden Policen verkaufen. AIG und Swiss Re haben Papiere von Schuldnern niedriger Bonität (Subprime) abgesichert und müssen dafür mit Milliardenverlusten büßen. Dieser Direkteffekt der Turbulenzen ist innerhalb der Branche eher die Ausnahme.
Mittelbar schlägt die Krise zu, weil die Versicherer zu den größten Kapitalanlegern der Welt gehören. Allein die deutschen Versicherer verwalten Investments von mehr als 1100 Mrd. Euro. In Deutschland sorgen zwar die Kapitalanlagevorschriften dafür, dass der direkte Abschreibungsbedarf gering ist. Trotzdem kann kaum ein Versicherer dem Flächenbrand entkommen, den die Kreditkrise ausgelöst hat. Kursverfall und Kapitalmarktkrise treffen die Branche hart, selbst wenn sie nur rund zehn Prozent ihres Vermögens in Aktien investiert.
„Die Finanzkrise hinterlässt ihre Spuren auch bei der Allianz“, sagte Vorstandschef Michael Diekmann bei der Vorstellung der Zahlen für das zweite Quartal (siehe weiteren Bericht auf dieser Seite). Zwar nimmt die Allianz unter den Versicherern wegen der Probleme mit ihrer ungeliebten Tochter Dresdner Bank eine Sonderrolle ein. Doch hat auch die Konkurrenz – ohne Banktochter – zu kämpfen.
Der US-amerikanische Versicherer AIG testete erneut die Schmerzgrenzen seiner Anleger aus und gestand für das zweite Quartal einen weiteren Verlust von 5,36 Mrd. $ ein. Bereits zwischen Oktober 2007 und März 2008 hatte AIG Verluste von 13 Mrd. $ wegen der Kreditkrise angehäuft. „Es ist klar, dass wir noch viel zu tun haben, um die Profitabilität wieder dorthin zu bringen, wo sie sein sollte“, sagte Robert Willumstad, der neue AIG-Chef. Sein Vorgänger Martin Sullivan musste im Juni wegen der hohen Verluste gehen. Die Quartalsergebnisse im Überblick:
AIG Den US-Versicherer hat die Kreditkrise am stärksten getroffen. AIG musste den dritten Quartalsverlust in Folge bekannt geben. Im ersten Halbjahr hat der Konzern 13,16 Mrd. $ Verlust gemacht. Der Versicherer musste auch im zweiten Quartal Abschreibungen von 5,56 Mrd. $ auf Credit Default Swaps vornehmen, mit denen er Kunden gegen Ausfälle von strukturierten Anleihen abgesichert hatte. Insgesamt hat der Versicherer in den vergangenen neun Monaten gut 25 Mrd. $ abgeschrieben. Im Mai hat AIG 20 Mrd. $ an frischem Kapital aufgenommen. Die nächste Kapitalspritze könnte bald anstehen, wie das Management am Donnerstag andeutete – und damit den Aktienkurs zum Absturz brachte.
AMB Generali Die Tochter des italienischen Versicherungsriesen Generali dagegen ist vor allem über ihre Kapitalanlagen von der Kreditkrise betroffen. Der Gewinn der Gruppe, zu der Marken wie Aachen-Münchener, Generali, Volksfürsorge und der Direktversicherer Cosmosdirekt gehören, brach im ersten Halbjahr um 40 Prozent auf 134 Mio. Euro ein. Die Gruppe hat deshalb ihr Gewinnziel von 450 Mio. Euro für 2008 zurückgenommen. Nach Abschreibungen auf Aktienanlagen ging das Kapitalanlageergebnis des Versicherers um 43 Prozent auf 1,17 Mrd. Euro zurück. „Die Höhe des Konzerngewinns wird entscheidend davon abhängen, inwieweit sich die Kapitalmärkte in der zweiten Jahreshälfte stabilisieren oder erholen werden“, heißt es. An den mittelfristigen Gewinnzielen von 500 Mio. Euro für 2009 und 550 Mio. Euro für 2010 hält AMB Generali allerdings fest. Operativ sieht es noch gut aus: Die Prämieneinnahmen stiegen von 6,97 Mrd. Euro auf 7,35 Mrd. Euro.
Axa Bei Europas zweitgrößtem Versicherer drückten Wertkorrekturen auf Aktien und festverzinsliche Wertpapiere den Halbjahresgewinn von 3,18 Mrd. Euro auf 2,16 Mrd. Euro. Grund für den Ertragsrückgang sind Abschreibungen in Höhe von 739 Mio. Euro auf Aktien und festverzinsliche Wertpapiere. „Der Gewinn sank vor allem wegen der Mark-to-Market-Bilanzierung für bestimmte festverzinsliche Wertpapiere im Zusammenhang mit größeren Spreads und steigenden Zinsen“, so Konzernchef Henri de Castries. Er sei zuversichtlich, dass Axa dennoch das operative Ergebnis von 2007 erreichen könnte – falls sich die Märkte nicht erheblich verschlechterten.
Hannover Rück Beim weltweit viertgrößten Rückversicherer ist der Gewinn im ersten Halbjahr um 13,9 Prozent auf 252,2 Mio. Euro geschrumpft. Anders als Konkurrent Swiss Re ist die Hannover Rück von der Krise nur mittelbar betroffen. „Allerdings haben das anhaltend schwierige Umfeld auf den internationalen Kapitalmärkten und die dämpfenden Währungskurseinflüsse auch für uns spürbare Belastungen nach sich gezogen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Wilhelm Zeller. Hannover Rück musste Abschreibungen auf Wertpapiere in Höhe von 130,3 Mio. Euro vornehmen. Der Rückversicherer hat sein Gewinnziel aufgeweicht. Nur bei deutlich besseren Marktbedingungen sei das angepeilte Ergebnis von 5 Euro je Aktie noch zu erreichen, sagte Finanzchefin Elke König.
Aegon Der Gewinn des niederländischen Versicherers hat sich im zweiten Quartal von 655 Mio. Euro auf 276 Mio. Euro mehr als halbiert. Anders als viele andere europäische Erstversicherer ist Aegon in größerem Ausmaß direkt von der Krise betroffen. Der Versicherer hat 41 Mio. Euro auf das Portfolio mit Hypothekenkrediten von Schuldnern mit niedriger Bonität abgeschrieben. Insgesamt hält Aegon 2,5 Mrd. Euro in Subprime-Papieren.
Quelle: Financial Times Deutschland
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