Die Exporte aus China verlieren an Fahrt, weil dort zumindest kurzfristigweniger produziert wird. Das gibt den Betreibern der Häfen Luft für nötigeErweiterungen
VON Patrick Hagen
Nachrichten aus den deutschen Seehäfen waren in den vergangenen Jahren nicht sehr abwechslungsreich. Hamburg und Bremerhaven, die beiden größten deutschen Seehäfen, meldeten regelmäßig hohe Wachstumsraten im Containerumschlag. Das hat sich zumindest in Hamburg geändert. Im ersten Halbjahr 2008 brach der Zuwachs auf 3,8 Prozent ein – gegenüber 14,3 Prozent im Vorjahr.
Das Volumen der Exporte aus China wächst langsamer als in den Vorjahren, im Juni ging es zum ersten Mal seit sieben Jahren sogar leicht zurück. Naturkatastrophen und Fabrikstilllegungen während der Olympischen Spiele ließen den Handel mit China einbrechen. Dazu kommt die Abkühlung der Weltkonjunktur. Den Hamburger Hafen trifft das besonders. Unter den nordeuropäischen Häfen hat er den höchsten Anteil von Waren aus China. In Bremerhaven, wo der Anteil geringer ist, wuchs die Zahl der Boxen um 15,9 Prozent auf 2,7 Millionen. „In den vergangenen Jahren hat Hamburg von den starken Asienverkehren profitiert, jetzt haben sich die Auswirkungen umgekehrt“, sagt Burkhard Lemper vom Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL).
Die Stimmung unter den Reedern ist angespannt. Sie spüren die sinkenden Frachtraten und steigenden Preise für Schiffsdiesel und Besatzung direkt. Die Hafenbetreiber hingegen sehen die Situation noch gelassen. Sie verweisen auf Prognosen, die langfristig mit einem enormen Wachstum des Containerverkehrs rechnen. „Was wir sehen, ist eine Delle und kein Einbruch“, sagt Lemper vom ISL. Sein Institut geht davon aus, dass der weltweite Containerverkehr 2008 um gut neun Prozent wächst, nach 11 Prozent im Vorjahr.
Laut einer Studie des ISL mit dem Beratungsunternehmen Global Insight für die Hamburger Hafenbehörde könnte der größte deutsche Hafen im Jahr 2025 knapp 31 Millionen Standardcontainer (TEU) umschlagen. 2008 werden es voraussichtlich zehn Millionen TEU sein. Hauptkonkurrenten sind Rotterdam, Antwerpen und Bremen.
„Wir gehen nach wie vor von den prognostizierten Wachstumswerten aus“, sagt auch Detthold Aden, Chef der Bremer Logistikfirma BLG, der 50 Prozent des Terminalbetreibers Eurogate gehören. Der Ratenverfall werde durch ein vorübergehendes Überangebot an Schiffen verursacht. Überflüssige Kapazitäten haben die Häfen nicht. „Terminals werden nicht so schnell größer“, sagt Aden, der auch Präsident des Zentralverbands der Deutschen Seehafenbetriebe ist. „Von der Planungsphase bis zum fertigen Terminal kann es gut 15 Jahre dauern.“ Die großen Seehäfen arbeiten bereits an der Kapazitätsgrenze. Ihnen kommt ein etwas langsameres Wachstum nicht unbedingt ungelegen. So haben sie Luft für nötige Ausbauarbeiten. „Auf einem unserer Terminals hatten wir eine Auslastung von 120 Prozent“, sagt Ina Spies-Klotzhuber, Sprecherin der HHLA, dem größten Terminalbetreiber im Hamburger Hafen. „Das geht eigentlich gar nicht.“
Da neue Kaimauern eine lange Planungs- und Genehmigungsphase durchlaufen müssen, suchen die Hafenbetreiber intensiv nach neuen Wegen, mit den Containermengen umzugehen. Zu schaffen machen ihnen vor allem der knappe Lagerplatz für Container und die lange Standzeit der Boxen. Je schneller sie vom Hafengelände verschwinden, desto besser. Die HHLA, die der Hamburger Senat im vergangenen Jahr zu 30 Prozent an die Börse gebracht hat, hat ihre Lagergelder erhöht. So sollen die Kunden motiviert werden, ihre Container frühzeitig abzuholen. Die Strafgebühren haben zwar deutlich zu den hohen Gewinnen des Hafenbetreibers im ersten Halbjahr beigetragen, die Lagerzeit haben sie aber nicht wesentlich verkürzt.
Auch Konkurrent Eurogate will seine Lager entlasten. Dafür setzt das Unternehmen auf ein Netz von Terminals im Binnenland. Hier können Lkw-Fahrer Container anliefern und abholen, die dann per Binnenschiff, Laster oder Güterzug in den Hafen gelangen. Eurogate hofft, so wertvollen Platz einzusparen. Schließlich zählt jeder Quadratmeter, wenn der Containerboom seine Atempause beendet.
Quelle: Financial Times Deutschland
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