Finanzierungsmodell für Dresdner-Übernahme schält sich heraus · Allianz-Aktieführt Dax-Gewinner an
Von Tim Bartz, Rolf Lebert,
Christina Rathmann, Frankfurt,
und Herbert Fromme, Köln
Kurz vor dem Ende der Fusionsverhandlungen zwischen Commerzbank und Dresdner kristallisieren sich erste Details des Zusammenschlusses heraus. So könnte die Commerzbank nach FTD-Informationen in einem ersten Schritt 51 Prozent der Dresdner-Aktien von deren Mutter Allianz erwerben. Im Gegenzug erhielte der Versicherer knapp unter 30 Prozent der Commerzbank-Aktien – aber keinesfalls mehr, da er andernfalls Gefahr liefe, den restlichen Aktionären ein gesetzlich vorgeschriebenes Pflichtangebot unterbreiten zu müssen. 2009 könnte dann die Commerzbank die restlichen 49 Prozent der Dresdner erwerben und zum hierzulande zweitgrößten Einzelinstitut nach der Deutschen Bank aufsteigen.
„Das ist jetzt das wahrscheinlichste Szenario, auch wenn es wegen der hohen Volatilität am Aktienmarkt womöglich schwierig umzusetzen sein wird“, heißt es in Finanzkreisen. Zwar ist die staatliche China Development Bank (CDB) dem Vernehmen nach bereit, mehr zu bieten als die Commerzbank und den Kaufpreis komplett in bar zu bezahlen. Zudem gewönne die Allianz so einen Vertriebskanal im Boomland China. Auch wären wohl weit weniger Arbeitsplätze gefährdet als bei einem Zusammenschluss mit der Commerzbank, der viel mehr Überschneidungen mit sich brächte. So warnt die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi vor einem Abbau von 12 000 Stellen.
Doch fürchtet Allianz-Vorstand Michael Diekmann politischen Gegenwind. Bekannt ist, dass die Bundesregierung ursprünglich eine Fusion von Dresdner, Commerzbank und Postbank favorisiert hat, um neben der Deutschen Bank eine zweite große Privatkundenbank zu kreieren. Der Bund ist über die Post indirekt beteiligt an der Postbank, deren Verkauf jetzt allerdings auf Eis liegt. Direkt Einfluss nehmen auf den Dresdner-Verkauf kann Berlin daher nicht mehr.
Wie es weiter heißt, laufen die Gespräche trotz der CDB-Offerte auf eine Fusion mit der Commerzbank hinaus. „Das ist die bevorzugte Variante, die Chemie zwischen Diekmann und Commerzbank-Chef Martin Blessing stimmt.“ Eine Entscheidung könnte an diesem Wochenende fallen. Dann wollen sich dem Vernehmen nach die Aufsichtsräte von Allianz und Commerzbank treffen, um zu entscheiden. Doch nach wie vor ist möglich, dass die Entscheidung vertagt wird. Zu heikel ist vor allem die Frage der Bewertung der Investmentbank Dresdner Kleinwort, deren Wertpapierportfolio infiziert ist von zweitklassigen US-Hypotheken. An der Börse jedenfalls sank die Commerzbank-Aktie als einer der wenigen Verlierer gestern um 1,0 Prozent, während Allianz-Titel mit plus 2,1 Prozent die Kursgewinner anführten.
Ein Scheitern der Verhandlungen können sich weder Diekmann noch Blessing erlauben. Die Allianz-Vertriebsleute ärgert der aktuelle Kurs der Aktie, der weit entfernt ist von den Kursen im Jahr 2001, als der Versicherer die Dresdner für 24 Mrd. Euro übernommen hatte. Viele Vertreter halten einen guten Teil ihres Vermögens in Mitarbeiteraktien.
Der neue Commerzbank-Chef wiederum hat die Fusion mit der Dresdner – und am liebsten auch mit der Postbank – als Hauptziel seiner Amtszeit ausgerufen. Zu stemmen wäre der Kauf der Dresdner, die 8 bis 9 Mrd. Euro wert ist. Allerdings kommt er für die Commerzbank einem Kraftakt gleich. 1,5 bis 2 Mrd. Euro könnte der Verkauf der Fondstochter Cominvest an die Allianz bringen, etwa 1,4 Mrd. Euro jene zehn Prozent, die die Bank am Industriegasekonzern Linde hält. Da die Commerzbank ferner gegen Sacheinlage 163 Millionen Aktien ausgeben kann, könnte die Allianz die Dresdner im Tausch gegen diese Aktien in die Commerzbank einbringen und wäre mit 20 Prozent im Wert von rund 3 Mrd. Euro an ihr beteiligt.
Die noch fehlenden rund 3,5 Mrd. Euro müsste sich die Commerzbank per Kapitalerhöhung beschaffen. Hier drohen aber Probleme: Auf der Hauptversammlung am 15. Mai hatten zu wenige Aktionäre dem Antrag des Vorstands entsprochen, bis 2013 durch die Ausgabe von 180,8 Millionen Stückaktien neues Kapital zu beschaffen, ohne den Alteignern Aktien anbieten zu müssen. Damit hatte Blessing zum Start seiner Amtszeit bereits einen heftigen Dämpfer erhalten. Doch dürfte er seine Anteilseigner erneut befragen, sollte ein Zusammengehen mit der Dresdner jetzt vereinbart werden.
Quelle: Financial Times Deutschland
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