Kolumne
Herbert Fromme
Manchem Versicherungschef juckt es in den Fingern. Die Banken leiden, Aktienkurse rauschen in den Keller – da kann die Assekuranz doch wunderbar die sichere und stabile Lebensversicherung wieder nach vorn bringen. Schließlich hat sie lange genug an schwachen Neugeschäftszahlen gelitten. Damit das klappt, müssen die Überschussbeteiligungen für 2009, also die von den Gesellschaften gewährten Verzinsungen, möglichst unverändert bleiben. Jede Senkung, so das Kalkül, würde Schwäche und damit Krisenanfälligkeit zeigen. Die ersten Gesellschaften haben schon identische Verzinsungen wie für 2008 angekündigt, frei nach dem Motto: „Krise, welche Krise?“
Kurzfristig können sich die Lebensversicherer das leisten. Dafür sorgt der komplexe Mechanismus der Überschusszuteilung, dem zufolge die Gelder mehrere Jahre in einer Warteschleife kreisen, ehe sie gutgeschrieben werden. Aber klug ist das Vorgehen nicht.
Die Versicherungswirtschaft versucht weiter, unter der Krise durchzutauchen. Während große US-Gesellschaften den Schutz der staatlichen Hilfsprogramme suchen, britische, niederländische und belgische Gesellschaften unter dem Zusammenbruch von Banken in ihren Konzernen leiden, gibt die deutsche Branche den Helden im Krisenfilm „The Last Man Standing“.
Die Finanzaufsicht BaFin fragt inzwischen wöchentlich den Finanzstatus der Versicherer ab. Im Unterschied zur Krise vor sechs Jahren lauern die Gefahren nicht nur in Aktien. Sie können auch aus Firmenanleihen von General Motors oder ungarischen Staatspapieren kommen, erst recht von den Banken – schließlich haben die Gesellschaften mehr als die Hälfte ihrer 700 Mrd. Euro dort angelegt. Die Bedrohung ist real.
Es würde der Branche nicht schaden, zuzugeben, dass auch ihre Kunden für die Krise zahlen. Niedrigere Überschussbeteiligungen wären ein Zeichen. Tauchen kann man nur für eine bestimmte Zeit. Irgendwann muss man hoch. Und auf der Oberfläche brennt ganz real das Öl, tobt die Krise.
Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der FTD.
E-Mail fromme.herbert@ftd.de
Quelle: Financial Times Deutschland
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