In trauter Eintracht betreiben die katholische und die evangelische Kircheeinen der größten Versicherungsmakler im Lande – zum Ärger der kommerziellenKonkurrenz
Herbert Fromme
Ausgerechnet Detmold. In der lippischen Kleinstadt mit ihren 74 000 Einwohnern hat einer der erfolgreichsten Versicherungsmakler des Landes seinen Sitz. „2008 rechnen wir mit 140 Mio. Euro an Provisions- und Honorareinnahmen“, sagt Tilman Kay, einer der drei gleichberechtigt agierenden Geschäftsführer des Maklers namens Ecclesia. Im Vorjahr waren es 133 Mio. Euro. Damit ist Ecclesia wohl die Nummer zwei im Markt mit Industrie- und Gewerbepolicen. Nur Aon Jauch & Hübener dürfte knapp vor Ecclesia liegen. Allerdings veröffentlicht der US-Konzern Aon keine Zahlen für Deutschland – schon gar nicht den Gewinn.
Das Triumvirat an der Ecclesia-Spitze ist weniger scheu. Neben Kay sind das Norbert Noehrbass und Manfred Klocke. 2007 verdiente Ecclesia 16 Mio. Euro, im Jahr davor waren es 19 Mio. Der Rückgang sei Sonderfaktoren geschuldet, 2008 werde es wieder aufwärtsgehen, sagt Kay. Nicht ohne Stolz nennt sich das Unternehmen „der führende deutsche Versicherungsmakler“, was zumindest dann stimmt, wenn man Aon Jauch & Hübener als US-Firma klassifiziert
Bemerkenswert ist die Eigentümerstruktur der Gruppe mit ihren 1200 Mitarbeitern, 500 davon in Detmold. Das gezeichnete Kapital von stolzen 273 000 Euro liegt zu 7,4 Prozent bei der Evangelischen Kirche in Deutschland, zu 46,3 Prozent bei dem zur evangelischen Kirche gehörenden Diakonischen Werk, und zu 46,3 Prozent beim Deutschen Caritasverband, dem Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche. Gegründet wurde Ecclesia 1952 ausgerechnet unter Mithilfe von Jauch & Hübener. Elf Jahre später zog sich der Großmakler zurück, weil das Geschäftsmodell wenig aussichtsreich erschien.
Die Kirchen machten allein weiter. Groß geworden ist Ecclesia mit der Vermittlung von Policen für kirchliche Krankenhäuser und Sozialeinrichtungen. Inzwischen hält der Makler in der Krankenhaushaftpflichtversicherung einen dominanten Marktanteil, auch viele nichtkirchliche Häuser nutzen das Ecclesia-Know-how.
Vor sieben Jahren begann die Geschäftsführung eine Zukaufswelle. Rivalen wurden geschluckt, so 2004 der Industriemakler von DaimlerChrysler Services oder 2006 der Ärztespezialist NAV-Wirtschaftsdienst. Gelegentlich lagen Kay, Klocke und Noehrbass daneben, wie mit dem gescheiterten Aufbau eines Spezialvertriebs für Altersvorsorge. Doch insgesamt wuchs die Gruppe prächtig. Kay: „Wir hatten 2001 48 Mio. Euro Umsatz, 2007 waren es 133 Mio. Euro, die Hälfte davon organisches Wachstum.“
Die Konkurrenz wurmt, dass Ecclesia seinen kirchlichen Anteilseignern keinerlei Dividende zahlt. Die sind offenbar damit zufrieden, dass sie verlässlichen und preisgünstigen Versicherungsschutz bekommen. „Wir brauchen den Gewinn, um zu wachsen,“ so Kay. „Außerdem stellen wir jedes Jahr einem gemeinnützigen Fonds mindestens 300 000 Euro zur Verfügung“, sagt er. „Wenn Sie das auf die 273 000 Euro gezeichnetes Kapital rechnen, ist das eine Rendite von 110 Prozent.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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