kolumne
Herbert Fromme
Mit Geschick versuchen die Versicherer, die Branche aus dem Krisengetümmel herauszuhalten. Genüsslich verweisen sie auf die so einzigartige Stabilität der Lebensversicherung. Dass auch Lebensversicherer hohe Abschreibungen auf Aktien hinnehmen müssen, diverse Einschläge aus einzelnen Investments erleiden oder fürchten müssen, stört sie kaum. Die großen Puffer, die in die Lebensversicherung eingebaut sind, sorgen dafür, dass die Kunden die Auswirkungen der Treffer erst Jahre später und kaum noch nachvollziehbar fühlen.
Doch den Versicherern droht viel Schlimmeres als einzelne Abschreibungen oder Ausfälle. Die US-Notenbank hat den Leitzins fast auf null gesenkt. Die Europäische Zentralbank wird wohl auf zwei Prozent oder tiefer gehen.
Mit den Zinssenkungen wird die Saat für ein Problem der Versicherer gelegt, neben dem die momentanen Schwierigkeiten bescheiden erscheinen. Denn niedrige Zinsen sind Gift für sie und können an die Existenz gehen. Schon heute haben einzelne Versicherer Mühe, die Garantieverzinsung zu verdienen, die im Schnitt bei über drei Prozent liegt. Noch können die Versicherer bei Neuanlagen von absurden Risikoprämien für Unternehmensanleihen profitieren. Aber binnen kurzer Zeit dürften die Erträge aus festverzinslichen Papieren deutlich sinken.
Kurzfristig nutzt die Zinssenkung den Unternehmen. Sie mildert das akute Problem ab, dass sie lang laufende Anleihen mit niedrigen Zinsen aus den Jahren 2003 bis 2006 im Bestand haben, die ab 2006 wegen der steigenden Zinsen unter Wasser waren. Jetzt nimmt dieser Druck ab. Zweifellos werden die PR-Strategen der Branche versuchen, die reduzierten stillen Lasten als weiteren Beleg für die Stabilität der Lebensversicherung zu verkaufen. Das Gegenteil ist der Fall. Mit jedem Punkt, den die Leitzinsen sinken, wird die Lebensversicherung instabiler.
Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der FTD.
E-Mail fromme.herbert@ftd.de
Quelle: Financial Times Deutschland
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