kopf des TagesStefan Lippe soll die Wende bei dem angeschlagenen SchweizerRückversicherer Swiss Re bringen. Doch das einstige Wunderkind der Branche hatProbleme geerbt, für deren Abwicklung er wohl Jahre brauchen wird
Gerade erst zum Konzernchef der Swiss Re gekürt, lasten schon große Hoffnungen auf Stefan Lippe. Der Deutsche soll die Verhältnisse wieder gerade rücken, fordern Mitarbeiter aus dem Kerngeschäft des Schweizer Rückversicherers. Jahrelang hat der Konzern auch unter dem jetzt abgetretenen Jacques Aigrain im Traditionsgeschäft, der Übernahme von Großrisiken der Erstversicherer, eine gute Figur gemacht.
Doch rückversicherungsfremde Deals wie die Absicherung von Kreditderivaten haben zu hohen Verlusten geführt – und die Rückversicherer im Konzern in eine peinliche Lage manövriert. Kein Kundengespräch, bei dem sie sich nicht für die Probleme ihres Unternehmens rechtfertigen mussten, kein Branchentreffen, bei dem die Probleme der Swiss Re nicht Gesprächsgegenstand waren.
Doch ganz so einfach wird es für den Mathematiker und vielfach ausgezeichneten Betriebswirt Lippe nicht werden. Alle Rückversicherer spüren die Finanzkrise, vor allem bei ihren Kapitalanlagen. Und Lippe hat Probleme geerbt, für deren Abwicklung der Konzern Jahre brauchen wird.
Immerhin verfügt der groß gewachsene 54-Jährige über ein gehöriges Maß an Energie. Der ehemalige Rettungsschwimmer wirkt auch heute noch jugendlich. Zudem ist er außerordentlich zielstrebig. Direkt nach Studium und Promotion ging er 1983 zur Bayerischen Rück, der deutschen Swiss-Re-Tochter. „Überdurchschnittliches leisten und dafür sorgen, dass die Führung das merkt“, fasste er 1988 sein Karriererezept zusammen. In dem Jahr wurde er mit 32 Jahren stellvertretendes Vorstandsmitglied in München. Die Bayerische Rück gab sich immer etwas intellektueller als andere Rückversicherer, etwas weniger hemdsärmelig. Nicht umsonst fanden Pressekonferenzen in der hervorragend bestückten Bibliothek statt.
Fünf Jahre später, mit 37 Jahren, wurde Lippe Chef der Bayerischen Rück. Seinen Charme verlor er nicht, auch nicht die Fähigkeit, im Gespräch genauso gut zuzuhören wie zu erklären. Bis heute wirkt er begeistert, wenn er über sein Geschäft redet.
Schon 1995 berief die Konzernmutter ihn in die Geschäftsleitung, dabei blieb er gleichzeitig Chef in München. Die schwersten Wochen seiner Karriere kamen 2001. Die Swiss Re hatte beschlossen, die Bayerische Rück als eigenständiges Unternehmen und selbstständige Marke zu schließen und in die Swiss Re Germany umzuwandeln. Lippe, auf dem Weg zu einer Vollzeitposition an der Spitze, musste die mehr als 80 Jahre alte Marke einstampfen. Mancher stolze Münchner Angestellte war fassungslos.
Damals wurde Lippe Chef der gesamten Aktivitäten des Konzerns in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung – dem eigentlichen Kerngeschäft der Rückversicherer. Auf Druck von Investoren und Analysten, die dem Investmentbanker Aigrain den Turnaround nicht zutrauten, machte der Verwaltungsrat Lippe im September 2008 zum Chief Operating Officer und Stellvertreter von Aigrain. Herbert Fromme
Swiss-RE-Chef geht 19
Quelle: Financial Times Deutschland
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