Rückversicherer macht 2008 erstmals Verlust · Vorstandschef Wilhelm Zellerprognostiziert 600 Mio. Euro Überschuss 2009
VON Herbert Fromme, Hannover
D ie Hannover Rück ist für 2009 unerwartet optimistisch. Zwar musste der weltweit viertgrößte Rückversicherer für 2008 wegen hoher Abschreibungen auf Aktien, die allesamt im Oktober verkauft wurden, 172 Mio. Euro Verlust und damit das erste Defizit seiner Geschichte melden. „2009 rechnen wir aber mit rund 600 Mio. Euro Gewinn“, sagte Vorstandschef Wilhelm Zeller gestern in Hannover.
Damit würde die Hannover Rück an das gute Ergebnis von 2007 anknüpfen. Seinerzeit hatte das Unternehmen 722 Mio. Euro verdient. Die Prämieneinnahmen sollen 2009 um rund 35 Prozent steigen, nachdem sie im Vorjahr leicht um 1,7 Prozent auf 8,1 Mrd. Euro gefallen waren. Hier wirkt sich die im Januar vollzogene Übernahme des Bestands des niederländischen Finanzkonzerns ING in der US-Lebensrückversicherung aus. Zeller tritt Ende Juni in den Ruhestand, ihm folgt Vorstand Ulrich Wallin.
Weitere Belastungen durch die Krise erwartet Zeller nicht. „Mit dem Verkauf aller unserer Aktien ist die Finanzmarktkrise für uns ausgestanden“, sagte er. Seit Januar könne die Hannover Rück „unbeschwert in die Zukunft eintreten“. Finanzchefin Elke König, die das Unternehmen Ende März verlässt, erwartet keine besonderen Verluste durch festverzinsliche Papiere.
Rückversicherer decken Erstversicherer wie HUK Coburg oder Axa gegen Katastrophenbelastungen und andere Großschäden ab. Gerade in den USA sei die Nachfrage nach Rückdeckung stark gestiegen, sagte Zeller. „Im Rahmen der Krise haben viele Erstversicherer Kapital verloren, die Nichtlebenversicherer in den USA im Schnitt 20 Prozent.“ Das treibe die Nachfrage nach Rückversicherung, während das Angebot schrumpfe. Deshalb stiegen die Preise. „Im schwierigen Markt Japan haben wir in der Vertragserneuerung zum 1. April zwölf Prozent mehr erzielt“, sagte Vorstand André Arrago.
Die Belastung durch Katastrophenschäden ist 2008 leicht überdurchschnittlich gewesen. Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs am 3. März stellt aber keine große Belastung dar: Die Rückdeckung einer Kunstversicherung für den Inhalt des Archivs kostet die Hannover Rück 7,1 Mio. Euro, die Haftpflichtdeckung des U-Bahn-Konsortiums weniger als 1 Mio. Euro.
Die börsennotierte Hannover Rück gehört zu 50,2 Prozent dem Talanx-Konzern, der auch HDI-Gerling, CiV, PB und Aspecta umfasst. Der Rückversicherer steigt zum 23. März in den Deutschen Aktienindex (Dax) auf – für Zeller eine temporäre Situation. „Wenn man mit einer Streubesitzkapitalisierung von 1,5 Mrd. Euro in den Dax kommt, sagt das mehr über die Krise als über uns.“ Sobald sich andere Firmen erholten, könne die Hannover Rück beim Börsenwert nicht mehr mithalten und müsse womöglich den Dax wieder verlassen. Gestern stieg die Aktie um 9,5 Prozent auf 24,12 Euro.
Der künftige Chef Wallin sieht keine Änderungen im Verhältnis zur Mutter Talanx. In der Branche wird spekuliert, dass Talanx-Chef Herbert Haas die notorisch eigenständige Hannover Rück enger in den Konzern einbinden will. „In der Bilanz der Talanx sind wir einer der wichtigsten Aktivposten“, sagte Wallin, der zugleich Talanx-Vorstand ist. „Talanx kann an der Hannover Rück nicht vorbeigehen. Das wird sich nicht ändern.“
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo