Der Allianz-Konzern zahlt den größten Teil einer teuren Imagekampagne derKrankenkasse KKH-Allianz. Selbstlos ist das keineswegs. In der Bot-schaft derPlakate steckt kühles politisches Kalkül
Herbert Fromme
Tausende von Plakatwänden in 27 deutschen Innenstädten künden von einem nicht gerade seltenen Ereignis – der Fusion zweier gesetzlicher Krankenkassen. Mit einer millionenschweren Imagekampagne wirbt dort die neu gegründete Krankenkasse KKH-Allianz: „Jede Narbe hat ihre Geschichte. Wir sorgen für das Happy End“ heißt es, in Allianz-Blau gehalten, mit der Großaufnahme einer Narbe am Hals eines jüngeren Mannes.
Die KKH-Allianz ist eine Krankenkasse, eine „Körperschaft des öffentlichen Rechts in Selbstverwaltung“, wie es im Gesetz steht. Sie gehört nicht der Allianz. Sie hat keinerlei Kapitalbeziehungen zu dem Konzern. Und sie liefert auch keine Gewinne in der Münchner Königinstraße ab. Dennoch zahlt die Allianz den größten Teil der Kampagne. Allerdings nicht aus Altruismus.
Zum 1. April fusionierte die riesige KKH – das stand einst für Kaufmännische Krankenkasse Hannover – mit der Betriebskrankenkasse (BKK) der Allianz. Die KKH hatte zuvor 1,9 Millionen Versicherte, die BKK Allianz gerade einmal 100 000. Diese überschaubare Zahl von Mitgliedern kann für die KKH-Führung kaum der Grund gewesen sein, sich bei der Allianz anzulehnen. Der findet sich aber auf dem Plakat der KKH-Allianz, auf dem eine dritte Firma ins Spiel kommt. „Seit dem 1. 1. 2009 mit einem starken Partner: Allianz Private Krankenversicherungs-AG“.
Hintergrund: Die KKH war im heftigen Wettbewerb der Krankenkassen untereinander auf der Suche nach einen Partner, der Know-how in Risikoberechnungen hat. Denn die Krankenkassen bieten seit Neuestem selbst Zusatztarife an und brauchen versicherungsmathematische Erfahrungen und Marketingpower. KKH-Allianz und Allianz Private Kranken wollen bei Vertrieb, Risikoberechnung und Leistungskontrolle kooperieren und gemeinsam neue Verträge entwickeln, die mit Ärzten und Krankenhäusern abgeschlossen werden.
Die Kassenchefs wissen außerdem ganz genau, dass die Tage des dualen Systems aus gesetzlicher und privater Versicherung möglicherweise schon bei der nächsten Gesundheitsreform gezählt sind. Starke Kräfte in der Politik setzen auf eine Einheitsversicherung für alle – auch für die rund zehn Prozent der heute privat versicherten besserverdienenden Bürger. Wer will, darf sich dann Zusatzdeckungen kaufen, so das Kalkül.
Dieses Modell verficht auch die Allianz. Schon seit 2002 tritt Ulrich Rumm, Chef der Allianz Private Kranken, für ein solches System aus Grundsicherung plus Zusatzdeckung ein. Ein wichtiger Bestandteil einer solchen Reform nach Meinung Rumms: Die Krankenkassen sollten privatisiert werden, Versicherungskonzerne sollen Krankenkassen kaufen und besitzen dürfen.
Dafür opfern die Allianz-Chefs auch die private Krankenversicherung in ihrer bisherigen Form – die bei der Allianz ohnehin seit Jahren nur wenig erfolgreich verläuft. Dass die Mehrzahl der kleinen und mittleren Versicherer in Deutschland eine solche Reform ablehnt und vehement für den Erhalt des bisherigen Systems kämpft, stört den Branchenriesen nicht. Denn er weiß, dass andere große Versicherer wie Axa und Münchener Rück die Situation ähnlich sehen. Das wurde im Sommer 2008 deutlich, als ein internes Strategiepapier aus dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft an die Öffentlichkeit gelangte, das genau diesen Kurs vorsah. Es durfte auf Druck des Verbands der Privaten Krankenversicherer aber nicht weiter diskutiert werden.
Die blauen Plakate in den Innenstädten sind eine politische Stellungnahme der Allianz – der Konzern will das Ende der Dualität in der Krankenversicherung. Das wäre dann wohl auch das Happy End, wie es sich die Allianz vorstellt.
Quelle: Financial Times Deutschland
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