Die Angst vor Skandalen treibt seltsame Blüten. So willUS-Versicherungsmakler Aon deutschen Kunden tief in die Bücher schauen, um aufNummer sicher zu gehen
Herbert Fromme
Der Brief des Versicherungsmaklers Aon Jauch & Hübener an die Versicherungsabteilungen deutscher Großkonzerne ist freundlich im Ton, aber bestimmt in der Sache. Im Kampf gegen die Korruption sei es nötig, bestimmte Standards in die Geschäftsverbindung aufzunehmen. „Die Grundlage für die neuen Vertragsklauseln ist das US-Bestechungsverbot“, schreibt die Leiterin des Zentralbereichs Recht & Compliance. Man bedanke sich schon jetzt für die Zustimmung des Geschäftspartners.
Der beiliegende Vertrag hat es in sich: „XYZ muss seine Bücher ordentlich und genau führen, und aus ihnen müssen sämtliche Zahlungen und Ausgaben im Zusammenhang mit der Erfüllung der Pflichten von XYZ im Rahmen dieses Vertrags hervorgehen, und XYZ muss den rechtmäßig bestellten Vertretern von Aon nach entsprechender Ankündigung erlauben, diese zu prüfen und Kopien davon zu machen.“ So wolle man verhindern, dass es Korruption in den Geschäftsbeziehungen zwischen Aon und den Partnern gebe.
Die Aufforderung, Aon mal eben Einblick in die Bücher und damit auch Geschäftsgeheimnisse zu gewähren, kommt in den Rechtsabteilungen von Dax-Konzernen bis Mittelständlern alles andere als gut an. „Unsere Mitglieder haben keinen Grund, Aon die Bücher prüfen zu lassen“, sagt Günter Schlicht, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Versicherungs-Schutzverbands. Er vertritt die Industrie in Versicherungfragen – mit Erfolg: „Wir haben das überprüft“, sagt ein Aon-Sprecher. Der Makler bestehe nicht länger auf der Vereinbarung. Die meisten Kunden wüssten Bescheid – das Ende einer peinlichen Posse.
Verschickt worden waren die Briefe vor allem an die firmenverbundenen Vermittler – Versicherungsabteilungen von Großunternehmen wie Bayer, BASF, VW oder Deutsche Bank, die in der Rechtsform konzerneigener Makler betrieben werden. Sie platzieren das Geschäft ihrer Muttergesellschaften über Aon bei Versicherern – und erhalten dafür Provision vom Großmakler. „Wir sind zu der Auffassung gekommen, dass es sich bei ihnen eher um Kunden als um Geschäftszuträger handelt“, sagt der Aon-Sprecher.
Die Einsicht kommt spät – und nachdem Deutschlands größter Makler viel Porzellan zerschlagen hat. Hintergrund ist eine weltweite Aktion der Gruppe. Wie die gesamte Branche leidet Aon unter den Spätfolgen der 2004 in den USA ans Licht gekommenen Maklerskandale. Hinzu kommt die Aufmerksamkeit, die Finanzunternehmen wegen der Krise dort erleben.
Dass der Plan jetzt zurückgezogen wurde, heißt indes nicht, dass deutsche Konzerne vor ihm künftig sicher sind. „Wir haben das Schreiben dreimal bekommen, von drei verschiedenen Aon-Landesgesellschaften“, sagt ein Konzerneinkäufer .
Quelle: Financial Times Deutschland
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