Eine Gesetzesinitiative sieht vor, dass Manager eine üppige Eigenbeteiligungtragen müssen, wenn ihr Berufshaftpflichtversicherer einen Schaden reguliert
Die Große Koalition will dafür sorgen, dass Führungskräfte künftig nach Fehlentscheidungen erheblich stärker persönlich zur Verantwortung gezogen werden. Aus diesem Grund soll künftig jeder Abschluss einer Managerhaftpflichtversicherung zwingend eine schmerzhafte Eigenbeteiligung vorsehen.
Mit der sogenannten Directors‘ and Officers‘ Liability (D&O) schützen Unternehmen Führungskräfte gegen Schadensersatzansprüche, die sie selbst oder Dritte nach einem beruflichen Fehler an die Entscheider stellen können. Die Verträge sind eine Berufshaftpflichtversicherung für Manager, bei Vorsatz zahlen die Anbieter nicht. Der Plan, eine Zwangseigenbeteiligung im Schadensfall in Deutschland gesetzlich vorzuschreiben, kommt aus den Reihen der Regierungsfraktionen.
Nach Angaben des Bundesjustizministeriums wollen die Abgeordneten von SPD und CDU/CSU ihr Vorhaben noch vor Ende der Legislaturperiode im Juli realisieren. Das neue Aktiengesetz soll festlegen, dass die Eigenbeteiligung mindestens in Höhe eines Jahresgehalts einschließlich aller variablen Bezüge ausfällt. „Das ist Populismus“, sagt Hartmut Mai, D&O-Experte der Allianz Global Corporate & Specialty, der für das Industriegeschäft zuständigen Tochter des Allianz-Konzerns. „Deutschland wäre das einzige Land, das so etwas hätte“, sagt er. Die Versicherer glauben nicht, dass durch eine Eigenbeteiligung Schäden verhindert werden.
In Deutschland ist die Diskussion nicht neu. Die Cromme-Kommission, die im Auftrag der Regierung den Manager-Knigge „Corporate Governance Kodex“ entwickelt hat, hat dazu Stellung genommen. „Schließt die Gesellschaft für Vorstand und Aufsichtsrat eine D&O-Versicherung ab, so soll ein angemessener Selbstbehalt vereinbart werden“, heißt es in den Regeln für die ordnungsgemäße Führung von Unternehmen. Was unter einem „angemessenen Selbstbehalt“ zu verstehen ist, definiert die Kommission nicht. Im Markt hat sich keine einheitliche Regel durchgesetzt, sagt Alexander Mahnke vom Großmakler Aon Jauch & Hübener. „Es gibt alles, von Null bis zu einigen Zehntausend.“ Das Höchste, das der Makler bislang gesehen hat, waren 250 000 Euro Eigenbeteiligung.
Unternehmen können von den Regeln des Kodexes abweichen, wenn sie es begründen. „Das Unternehmen ist der Ansicht, dass ein angemessener Selbstbehalt nicht dazu beiträgt, das Verantwortungsbewusstsein und die Motivation von Aufsichtsrat und Vorstand zu verbessern“, ist eine der typischen, floskelhaften Begründungen von Unternehmen, die keine Eigenbeteiligung vorsehen.
Mit einem obligatorischen Selbstbehalt käme Bewegung in den Markt. Dann müssten fast alle der schätzungsweise 10 000 D&O-Verträge angepackt werden. „Es würde Verschiebungen geben“, sagt Rainer Hoff, D&O-Experte der Münchener-Rück-Tochter Ergo. Kleine Aktiengesellschaften haben häufig niedrigere Deckungssummen, die nicht zu hohen Selbstbehalten passen. Die beabsichtigte Einführung eines Eigenantels in Höhe eines Jahreseinkommens kann dazu führen, dass er schon einen erheblichen Teil der Deckungssumme ausmacht.
Wichtige Details sind noch ungeklärt, etwa ob sich der Zwangsselbstbehalt auch auf die Abwehrkosten bezieht. Werden gegen einen Manager Schadensersatzforderungen erhoben, übernimmt der Versicherer die Verteidigungskosten. Liegen die Forderungen im Millionenbereich, steigen auch Anwalts- und Gerichtskosten rasch. Sie entstehen auch, wenn der Manager aus der Sache unbeschadet herauskommt oder die Parteien einen Vergleich schließen. „Für die Rechtsschutzfunktion der D&O-Police darf der Selbstbehalt nicht gelten“, fordert Makler Mahnke.
Manager und Unternehmen werden nach Wegen suchen, die Eigenbeteiligung zu entschärfen, ist der Vermittler überzeugt. Schon heute gibt es die Möglichkeit für Führungskräfte, eine Versicherung abzuschließen, die im Ernstfall die Eigenbeteiligung übernimmt. Diese Selbstbehalt-Police müssen Manager anders als den vom Unternehmen finanzierten D&O-Vertrag selbst zahlen. „Sie wird in der Regel bei dem Versicherer abgeschlossen, bei dem auch das Unternehmen die Managerhaftpflichtversicherung kauft“, sagt Mahnke. Über Selbstbehalt-Policen herrscht eiserne Verschwiegenheit in der ohnehin extrem geheimniskrämerischen Branche. Versicherer werben nicht für diese Policen. Kein Wunder, schließlich unterläuft diese Versicherung die Intention der Selbstbeteiligung.
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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