Bayerische Beamten in Not

Angeschlagener Versicherer findet keinen Partner · Management setzt jetzt aufden Alleingang

Von Herbert Fromme, Köln

E ine weitere Gesellschaft hat die Übernahme der angeschlagenen Bayerischen Beamten Versicherung (BBV) in München abgelehnt. Die Signal Iduna gab nach FTD-Informationen der deutlich kleineren Gesellschaft in Bayern einen Korb. Signal Iduna und BBV wollten nicht Stellung nehmen. Schon vorher hatte Deutschlands zweitgrößter Autoversicherer HUK-Coburg nach gründlicher Prüfung der Bücher ein Zusammengehen abgelehnt. Ebenfalls angesprochen wurden Debeka, Gothaer und die Versicherungskammer Bayern – alle winkten ab.

Damit wird die Schieflage der BBV immer existenzbedrohender. Noch haben die deutschen Versicherer die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise anders als die Banken relativ gut und ohne Pleiten weggesteckt. In den USA dagegen musste die American International Group (AIG) von der Regierung gerettet werden. Selbst ein kleiner Fall in Deutschland könnte weitere Wackelkandidaten ins Rutschen bringen, fürchtet nicht nur die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

In der Branche selbst wird offen spekuliert, ob die BBV ein Fall für die Auffanggesellschaft Protektor werden könnte. Allerdings sei es vielleicht noch möglich, den BBV-Bestand an Versicherungspolicen unter Verzicht auf Neugeschäft selbst abzuwickeln, sagte ein Experte, der die Vorgänge gut kennt. Die Kunden erhielten dann nur die garantierten Leistungen.

Die seit Jahren latente Finanzschwäche der BBV ist durch die Krise zur Notlage geworden. Sie hält 8,94 Prozent an der Hypothekenbank Aareal und hohe Kapitalanlagen in Immobilien mit Abschreibungsbedarf. Nur mit großer Mühe und nach Unterredungen mit der BaFin konnte die BBV ihre Bilanz 2008 schließen. Dort zeigt sie einen Verlust von 15 Mio. Euro, nach 10 Mio. Euro im Vorjahr. Was aber selbst stark interessierte, potenzielle Käufer zurückzucken ließ, sind die Problemzonen, die der noch unveröffentlichte Geschäftsbericht zeigt: „Die BBV braucht sofort 200 Mio. Euro bis 300 Mio. Euro“, sagte der Chef eines Konkurrenten mit Einblick in die Bücher.

So bilanziert die BBV den Aareal-Anteil mit knapp 14 Euro je Aktie und muss darauf 66 Mio. Euro abschreiben – dabei ist das tatsächliche Defizit um einiges höher, schließlich kostete die Aktie zum Bilanzstichtag gerade noch 5,75 Euro. Die gesamten Abschreibungen, Verlustübernahmen und Verluste aus Papieren beliefen sich auf 185 Mio. Euro.

Die Differenz zwischen den 5,75 Euro Marktwert der Aareal-Aktie und ihrem Bilanzwert von 14 Euro bei der BBV gehört zu den aufgeschobenen Abschreibungen, die deutsche Versicherer bilden dürfen. Grundlage ist der 2003 eingeführte Paragraf 341b im Handelsgesetzbuch: Eine so gebildete „stille Last“, die mehr als 100 Prozent des Marktwertes einer Aktie beträgt, ist allerdings höchst unüblich. Sie dürfte auch vom Wirtschaftsprüfer KPMG nur mit großen Bedenken geschluckt worden sein.

Ein weiteres Problem: Das Unternehmen hat „latente Steuern“ von 65 Mio. Euro als Aktivposten in die Bilanz genommen – also Forderungen an das Finanzamt, die aus Verlusten in Vorjahren entstanden sind. Allerdings kann die BBV diese latenten Steuern nur noch fünf Jahre lang in harte Währung verwandeln, und das auch nur dann, sofern der Versicherer Gewinne erzielt. Da das allerdings eher unwahrscheinlich ist, steht der BBV Ende 2009 eine Abschreibung auf die latenten Steuern bevor. Angesichts des knappen Eigenkapitals von gerade 19 Mio. Euro Ende 2008 ist das eine klare Bedrohung.

Auch 2010 anstehende Änderungen in der bilanziellen Behandlung von Immobilienbeteiligungen werden die BBV einen zweistelligen Betrag kosten, erwarten Experten.

BBV-Chef Rolf Koch will zu den Einzelheiten in der Bilanz nicht Stellung nehmen. „Dazu sagen wir erst Mitte Juli etwas, wenn unsere Gremien darüber beraten haben“, sagte Koch der FTD. Die BBV sei aber in der Lage und entschlossen, allein aus der Krise zu kommen, sagte er auf Nachfrage zu den geplatzten Fusionsgesprächen. Auch die BaFin wiegelt ab. „Alle Unternehmen der Gruppe verfügen über eine ausreichende Eigenmittelausstattung“, sagte eine Sprecherin.

Quelle: Financial Times Deutschland

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