Die Not schweißt sie zusammen: Noch einmal wollen die Eigner von Hapag-Lloydder in Finanznot geratenen Reederei Geld geben. Einer jedoch fehlt beimKrisengipfel: Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne
Jennifer Lachman, Leo Klimm, Sven Clausen, Patrick Hagen
D ie Gesellschafter von Hapag-Lloyd sitzen noch nicht lang zusammen, da geht über Hamburg ein heftiges Gewitter nieder. Über der nahen Alster blitzt und donnert es. Drinnen, in der Konzernzentrale von Hapag-Lloyd, bleibt das befürchtete verbale Gewitter dafür aus. Konstruktiv seien die Gespräche gewesen, erzählen Teilnehmer der Krisensitzung später. Das, lästern einige, liegt auch daran, dass einer gefehlt hat: der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne, der zuletzt via Presse Staatshilfe und den Verzicht finanzieller Forderungen durch Mitgesellschafter TUI gefordert hatte. Auch Kühnes rechte Hand, Karl Gernandt, ist zur Überraschung aller nicht bei dem Treffen dabei.
Das Fehlen der beiden ist ein Affront: Angesichts der schwierigen Geschäftslage schicken alle übrigen Hapag-Gesellschafter wichtige Vertreter. Sogar TUI-Chef Michael Frenzel erscheint, seine Vorstände Rainer Feuerhake und Horst Baier hat er im Schlepptau. Der Hamburger Finanzsenator Michael Freytag und sein Vorgänger Wolfgang Peiner erscheinen ebenso wie Peter Rieck, Vorstand der HSH Nordbank. Auch die Privatbank M.M. Warburg und die Versicherer Hansemerkur und Signal Iduna sind vertreten.
Rund zweieinhalb Stunden diskutieren die Sitzungsteilnehmer, ob und wie viel sie noch für Hapag zu geben bereit sind. Schnell, so behaupten sie später, sind sie sich einig: Die Not der Containerreederei schweißt sie zusammen, denn die weltweite Rezession hat Hapag-Lloyd fester im Griff als gedacht. Noch Mitte Mai, bei einem Ausschusstreffen der Hamburger Bürgerschaft, hieß es laut Protokoll: „Aufgrund des bestehenden Schirms der TUI und der gesicherten Finanzierung werde nicht damit gerechnet, dass Hapag-Lloyd im laufenden Jahr Unterstützung seitens der Gesellschafter benötigt.“
Jetzt, nur wenige Wochen danach, müssen die Eigner ihren jeweiligen Gremien Vorschläge machen, wie ihre Hilfe aussehen kann – und ob auch der Staat eingreifen soll. Noch im Juli soll es nach FTD-Informationen ein weiteres Gesellschaftertreffen geben. Ein schnelleres Handeln ist schon deshalb nicht möglich, weil zunächst die Hamburger Bürgerschaft angehört und die Mitglieder des Haushaltsausschusses zu einer Sondersitzung zusammengetrommelt werden müssen.
Schon jetzt ist die Situation für alle Beteiligten misslich: Frenzel, der sich seit dem Teilverkauf von Hapag-Lloyd durch TUI gern als Chef eines reinen Touristikkonzerns präsentiert, muss sich von seinen Anlegern nun wieder Fragen zu seinem Engagement bei Hapag gefallen lassen. Im Hamburger Rathaus hingegen fürchtet man politischen Druck. „Darf Hapag-Lloyd bereits zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit mit Staatshilfe gerettet werden?“, fragt man sich dort. Angesichts der Notlage wird der Konzern wohl kaum um einen Stellenabbau herumkommen. Dabei hatten die Konsortiumsmitglieder vor allem die Sicherheit der Arbeitsplätze ins Feld geführt, als sie sich vor einem Jahr um die Reederei bemühten. Oberstes Ziel sei es daher, den Stellenabbau so weit wie möglich außerhalb Hamburgs stattfinden zu lassen, verlautet aus dem Senat.
Welche Rolle Kühne spielen wird – und welche er spielen will -, bleibt derweil im Dunkeln. Seine Interessen laufen konträr: Einerseits ist er als Mehrheitseigner der großen Seefrachtspedition Kühne + Nagel Hapag-Lloyd-Kunde und hat damit ein Interesse an niedrigen Frachtraten. Andererseits will er als Hapag-Gesellschafter Profit sehen. Sicher ist, dass bei seinen Konsortialpartnern der Unmut über ihn wächst. „Sein strategisches Ziel als Logistikunternehmer ist immer noch, die Konsolidierung auf dem Schifffahrtsmarkt zu verhindern. Er will das aber zum geringst-möglichen Preis haben“, heißt es im Senat verärgert.
leitartikel 25
www.ftd.de/hapag-lloyd
Schifffahrtsbranche in Sorge
Quelle: Financial Times Deutschland
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