Mittelstand propagiert altes Finanzinstrument als Ersatz für fehlendeKreditversicherung
Von Anja Krüger, Köln,
und Herbert Fromme, Frankfurt
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) fordert, dass der Staat die Probleme in der Warenkreditversicherung mithilfe der KfW Bankengruppe löst. Heute wird in Berlin bei Gesprächen zwischen Versicherern sowie dem Finanz- und dem Wirtschaftsministerium entschieden, ob der Staat in den Kreditversicherungsmarkt eingreift. „Das Problem der Warenkreditversicherungen muss jetzt angepackt werden, weil davon schätzungsweise ein Drittel aller mittelständischen Unternehmen insgesamt betroffen ist“, sagte BVMW-Präsident Mario Ohoven der FTD. Der BVMW will, dass die KfW Wechsel auf Abnehmer von Waren ausstellt, die diese an ihre Lieferanten weitergeben.
Mit einer Kreditversicherungs-Police sichern sich Hersteller dagegen ab, dass Kunden wegen einer Pleite nicht zahlen. Vor Vertragsabschluss prüfen die Anbieter die wirtschaftliche Lage des Belieferten. Grundsätzlich verlangen sie vom Lieferanten aber eine Eigenbeteiligung. Diese Selbsthalte haben sie in der Krise drastisch hochgefahren. Für manche Kunden bekommen Produzenten gar keinen Versicherungsschutz mehr.
Der zweitgrößte Versicherungsmakler Marsh kritisiert die Datenlage der Kreditversicherer. „Viele Ablehnungen beruhen nicht auf negativen Daten, sondern darauf, dass das Zahlenmaterial fehlt“, sagt Marsh-Experte Sven Krause. Die Kreditversicherer blickten nur in die Vergangenheit und erhöben Vorsichtszuschläge.
Um das Problem schnell zu lösen, schlägt der BVMW die Beteiligung der KfW vor. „Die KfW stellt Wechsel aus, der Warenabnehmer unterschreibt als Bezogener und trägt seinen Zulieferer als Begünstigten ein, der den Wechsel erhält“, erklärte Ohoven. „Der Begünstigte kann sich dann mit dem Wechsel bei seiner Hausbank sofort Liquidität besorgen.“ Der Verband räumt allerdings ein, dass Wechsel „aus der Mode“ gekommen sind. Dennoch dürfte noch genug auffrischbares Wissen darüber in den Unternehmen vorhanden sein, hieß es.
Auf der Tagesordnung für die Gesprächsrunde aus Politik und Versicherungswirtschaft stehen heute allerdings zwei andere Modelle, die die Assekuranz in Anlehnung an die französische Lösung für das Problem entwickelt hat. Beim ersten ergänzt der Staat eine vonseiten der Kreditversicherer bestehende Deckung bis zu maximal der Höhe, die die Privatwirtschaft übernimmt. Hierüber besteht weitgehend Konsens, berichten Beteiligte. Das zweite, umstrittene Modell sieht vor, dass der Staat Deckung gewährt, wenn die Kreditversicherer den Schutz ganz verweigern.
Das Problem: Diese Lösung stände den Unternehmen nicht vor Herbst zur Verfügung, und sie wäre sehr teuer. „Der Staat müsste dafür 10 bis 15 Mrd. Euro zur Verfügung stellen“, heißt es in Versicherungskreisen. Auch die schutzsuchenden Firmen müssen tief in die Tasche greifen. „Die Prämie für die Unternehmen wird auf jeden Fall sehr hoch sein, weil die Risiken hoch sind.“
In Frankreich hat der Staat zunächst nur das erste Modell angeboten, das von den Unternehmen aber kaum angenommen wurde. Seit er auch komplette Deckungen übernimmt, ist die Nachfrage allerdings gestiegen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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