kopf des TagesDen Steuerberater Hermann Neemann kannten bisher nur einigeReeder. Sein Vorschlag einer Bad Bank für Containerschiffe lässt die gesamteBranche aufhorchen. Es ist der Höhepunkt einer ungewöhnlichen Karriere
Auf den ersten Blick passen Hermann Neemann und die deutschen Reeder nicht zusammen. Der 44-Jährige war lange Jahre in der Lesben- und Schwulenbewegung aktiv und hat als Mitglied der Grünen für das Amt des Oberbürgermeisters in Oldenburg kandidiert. Unter den traditionellen deutschen Reedern, die oft aus konservativen Kaufmannsdynastien stammen, dürften diese Facetten seines Lebens wenig Beifall finden.
Doch als Steuerexperte hat Neemann einen ausgezeichneten Ruf. Seine Kanzlei Anchor betreut Reeder mit zusammen 300 Schiffen. Damit ist sie eine der größten auf Schifffahrt spezialisierten Steuerberatungskanzleien.
Noch sympathischer könnte er seinen Mandanten werden, wenn sein Rettungskonzept für notleidende Eigner kleiner Containerschiffe umgesetzt wird. Die Gründung einer Art Bad Bank für Schiffe soll den Preisverfall bei den Charterraten stoppen. Mit der HSH Nordbank und der Deutschen Schiffsbank hat Neemann schon gesprochen – sie finden die Idee attraktiv.
Sein Plan: Eine Auffanggesellschaft mit dem Namen „Baltic Max Feeder“ – das heißt so viel wie das größte in der Ostsee zulässige Containerschiff – wird gegründet. Sie mietet „überflüssige“ Schiffe an und zahlt so viel, dass der Eigner Betriebskosten und Zinsen zahlen kann. Damit soll verhindert werden, dass verzweifelte Schiffseigner ihre Frachter immer billiger anbieten und die Preise noch weiter sinken. Finanzieren sollen Eigner, Initiatoren von Schiffsfonds und Banken das Projekt.
Eine Karriere in der Schifffahrt war für Neemann eigentlich nicht vorgesehen. Die Eltern sind Landwirte mit eigenem Hof, auch er wollte nach der Schule ein landwirtschaftliches Studium beginnen. Doch beim Berufsberatungstag auf dem Gymnasium erschienen die Vertreter des Studiengangs Agrar nicht – und Neemann landete beim Finanzamt auf einer Beamtenstelle mit integriertem Studium. Bis zum Steuerinspektor brachte er es.
Dann hatte Neemann genug vom Behördenalltag. 1990 wechselte er in die Steuerberatung, machte 1992 die Prüfung als Steuerberater. Sein damaliger Arbeitgeber übernahm die Kanzlei des auf Schifffahrt spezialisierten Steuerberaters Hans Schepers. 1997 machte sich Neemann zusammen mit seiner Kollegin Anne Neehoff selbstständig. Ihre Firma heißt seitdem Anchor. Die ersten Schritte waren mühselig. „Das ist ein sehr konservativer Berufsstand“, sagt Neemann. „Erfahrung und Fachwissen zählen sehr viel, und ich war noch ein Jungspund.“ Heute beschäftigt er in Haaren und in Oldenburg 50 Mitarbeiter.
Mit Anchor haben Neemann und Neehoff den richtigen Riecher bewiesen – der Boom der deutschen Schifffahrt im Zug der Globalisierung war in vollem Gange. „Wir waren zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle“, sagte Neemann. Außerdem mögen seine Mandanten ihn: „Neemann wirkt nicht wie der typische Steuerberater“, sagt einer von ihnen. Und: „Neemann kennt sich aus in der Schifffahrt.“ Patrick Hagen
Streit über Bad Bank 5
Quelle: Financial Times Deutschland
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