Hapag-Lloyd-Eigner belauern sich vor Zusagen über Finanzspritzen · Rund 435Mio. Euro fehlen noch
Von jennifer lachman, leo klimm, hamburg, und patrick hagen, köln
I m Ringen um ein Finanzpaket für die notleidende Containerreederei Hapag-Lloyd nehmen die Eigner einen neuen Anlauf. Mit Hochdruck feilen sie an einer Lösung: der Reisekonzern TUI und die Gesellschafter des Konsortiums „Albert Ballin“ – die Stadt Hamburg, der Unternehmer Klaus-Michael Kühne, die Versicherungen Signal Iduna und Hansemerkur, die HSH Nordbank und die Privatbank M.M. Warburg. 315 Mio. Euro haben TUI, Hamburg und Signal Iduna kürzlich schon nachgeschossen, 435 Mio. Euro fehlen noch. Die insgesamt 750 Mio. Euro sind Bedingung für einen Antrag auf dringend benötigte staatliche Kredite und Bürgschaften in Höhe von 1,2 Mrd. Euro. Beteiligte vergleichen die Verhandlungen mit einem türkischen Basar. Die FTD zeigt die Interessen der einzelnen Akteure auf:
TUI Der Ex-Mutterkonzern hält noch 43,3 Prozent an Hapag-Lloyd. Zudem hat die Reederei bei dem Reisekonzern Verbindlichkeiten in Höhe von 1,4 Mrd. Euro. Damit bleibt er von allen Gesellschaftern am stärksten bei Hapag engagiert – weswegen die anderen fordern, dass er jetzt mehr Mittel nachschießt als die 325 Mio. Euro, die TUIs Anteil entsprächen. EuroKonzernchef Michael Frenzel würde dies dem Vernehmen nach unter bestimmten Bedingungen auch akzeptieren. 215 Mio.Euro hat der selbst hoch verschuldete Konzern bereits in bar nachgeschossen. Als wahrscheinlich gilt daher, dass Kredite, die Hapag-Lloyd gewährt wurden, gewandelt werden – etwa in Ansprüche auf weitere Anteile an der Reederei. Bedingung: Alle ziehen mit, und eine etwaige Barkomponente fällt möglichst gering aus.
Klaus-Michael Kühne Als der Logistikunternehmer sich im Hamburger Konsortium engagierte, begründete er das mit Verbundenheit zur Heimatstadt. Das führte zum Missverständnis: Kühne ging es nie um die Rettung von Arbeitsplätzen in der Hansestadt, für die er damals gefeiert wurde, sondern um strategische Interessen. Der Hamburger Hafen soll als wichtiger Standort seiner Großspedition Kühne + Nagel (K+N) stark bleiben. Zudem will Kühne eine von ihm nicht beeinflussbare Fusion Hapags mit einer anderen Reederei verhindern, weil sonst langfristig die Tarife für K+N steigen. Als einziger Gesellschafter der Reederei reagierte Kühne früh auf die Krise und brachte einen Stellenabbau ins Spiel. Das Sparprogramm von 560 Mio. Euro, das Hapag jetzt durchlaufen soll, „ist ganz in meinem Sinne“, sagt er nun. Kühne ist auch der Einzige, der privates Vermögen investiert hat – und dem deshalb besonders an der Rettung der Reederei gelegen sein dürfte. Die 316 Mio.Euro, die er eingesetzt hat, seien für ihn „Risikokapital“ gewesen, sagt Kühne. Nun ist er bereit, gemäß seinem Hapag-Anteil von 15 Prozent rund 100 Mio. Euro nachzuschießen und dafür K+N-Aktien zu verkaufen. Sein vorrangiges taktisches Interesse aber ist, die fünf Partner aus dem Konsortium hinter sich zu scharen, um den Druck auf TUI zu erhöhen. Das gelingt zunehmend: Kühne, der TUI die Auszehrung Hapag-Lloyds durch hohe Schulden vorwirft, fordert seit Wochen, dass der Konzern auf einen Teil seiner Forderungen verzichtet. Dem scheinen sich die Konsortialpartner jetzt angeschlossen zu haben.
Stadt Hamburg Die Hansestadt ist mit 23 Prozent der größte Anteilseigner innerhalb des Konsortiums. Ihre Interessen sind offenkundig: Sie will Hapag-Lloyd als wichtigen Kunden des Hamburger Hafens stärken. Um Jobs und Steuergelder zu retten, gab Finanzsenator Michael Freytag zuletzt zusätzliche 50 Mio.Euro und garantierte TUI, dass er notfalls weitere 25 Mio. Euro übernehmen würde. Die Notlage von Hapag kommt für ihn zur Unzeit: Er musste bereits die HSH Nordbank stützen und nimmt angesichts der Krise demnächst rund 600 Mio.Euro neue Schulden auf. Der Senator will nur anteilig aushelfen. Die Stadt muss zudem für bis zu 600 Mio. Euro der geplanten Staatshilfen bürgen.
Signal Iduna Der Versicherer kaufte ursprünglich für 150 Mio.Euro 7,15 Prozent an Hapag-Lloyd. An der ersten Rettungsrunde beteiligte er sich mit 50 Mio.Euro. Weitere Hilfen macht Signal Iduna davon abhängig, dass alle mitziehen. Das Unternehmen hegt keine strategischen Interessen: Mit der Beteiligung an der Reederei wollte es vor allem seine Lokalverbundenheit demonstrieren.
HSH Nordbank Die Hapag-Hausbank wurde zuletzt vom Staat mit Finanzzusagen über 13 Mrd. Euro gerettet. Die HSH dürfte im Namen aller beteiligten Banken den Bürgschaftsantrag für Hapag-Lloyd an die Bundesregierung stellen. Über ihre Position in den aktuellen Gesprächen ist wenig bekannt.
Hansemerkur Der Versicherer hat beim Kauf 40 Mio. Euro beigesteuert. Bisher hat er dem Vernehmen nach keine Zusage für ein weiteres Investment gemacht. Seine Neigung, den Anteil aufzustocken, soll gering sein: Das Unternehmen ist bereits mit etwa einem Prozent seiner Kapitalanlagen engagiert. Da die Finanzaufsicht es ungern sieht, wenn mehr bei einer Adresse konzentriert ist, ist der Spielraum eingeschränkt.
M.M. Warburg Die Privatbank spielt mit 1,9 Prozent an Hapag-Lloyd nur eine Nebenrolle. Keinesfalls wollen die Banker ihren Anteil aufstocken. Ähnlich wie bei Hansemerkur wäre ein sonstiger Beitrag eher symbolischer Natur.
Quelle: Financial Times Deutschland
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