Einst kam die Aufnahme in den Leitindex einem Ritterschlag für Firmen gleich.Inzwischen sind Aktien der Neulinge eine aussichtsreiche Wette auf Kursverluste
christian kirchner
und herbert fromme
Wer als Kandidat in das RTL-Dschungelcamp zieht, hat in der Regel schon bessere Tage in seiner Karriere gesehen. Und muss damit rechnen, auf der Karriereleiter noch ein paar Sprossen tiefer zu rauschen, ist die Freakshow doch selbst für den Marktwert eines C-Promis allenfalls für kurze Zeit förderlich.
Was dies mit dem deutschen Aktienindex Dax zu tun hat? Der lässt inzwischen den Marktwert seiner Kandidaten nach einem kurzen Aufmerksamkeitsschub auch kräftig einbrechen.
So gilt als sicher, dass die Deutsche Börse am Donnerstag anhand von Börsenwerten und Umsätzen den Rauswurf der Hannover Rück und die Aufnahme von Infineon in den Dax bekannt geben wird. Der Tausch dreht nicht nur die Dax-Anpassung aus dem März schlicht um. Für Infineon ist der Aufstieg ein Comeback: Denn zwischen der Dax-Aufnahme im Juni 2000 und dem Rauswurf im März 2009 liegen schlappe 99 Prozent Kursverlust, zwischen März und heute wiederum 450 Prozent Kursgewinn. Anleger in die inzwischen rund 5,3 Mrd. Euro großen Dax-Indexfonds kaufen also Infineon-Aktien zu einem viereinhalbmal höheren Kurs zurück. Hannover-Rück-Aktien wiederum liefen seitdem zehn Prozentpunkte schlechter als der Dax.
Dieses Schicksal teilt der Rückversicherer mit den anderen Dax-Aufsteigern der letzten fünf Jahre, die während ihrer Zeit im Dax dem Index mal moderat (13 Prozent) wie Fresenius, mal klar (25 Prozent) wie K+S, mal deutlich (31 Prozent) wie Beiersdorf, mal dramatisch (50 Prozent) wie die Postbank oder mal extrem (81 Prozent) wie die HRE hinterherhinken. Lediglich Salzgitter-Papiere schnitten besser ab als der Leitindex.
Zwischen dem Boom der Indexfonds und der schlechten Kursentwicklung der Aufsteiger besteht ein einfacher Zusammenhang: Die Indexfonds müssen exakt am Tag des Vollzugs die Veränderungen in ihren Fonds umsetzen. Das tun sie aber nicht direkt am Aktienmarkt, sondern taggleich mit sogenannten Market-Makern, ihren Handelspartnern. Die haben natürlich am Tag der Indexaufnahme schon die gewünschte Stückzahl an Aufsteigern vorrätig und in den Wochen vor dem Aufstieg die Kurse getrieben.
Hannover-Rück-Chef Ulrich Wallin jedenfalls hat sich früh auf den Abstieg eingestellt. „Man muss davon ausgehen, dass Unternehmen, die stark zurückgefallen sind, wieder zu ihrer normalen Stärke zurückfinden. Dann werden wir uns im MDax wiederfinden“, sagte er im Juni. Ob Infineon wieder auf normaler Stärke ist, zeigt die übernächste Dax-Anpassung.
Quelle: Financial Times Deutschland
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