Rentenansprüche werden im neuen Scheidungsrecht gleich nach der Trennungaufgeteilt. Doch die Berechnung kann dauern
Bis dass der Tod uns scheidet – das versprechen sich jährlich knapp 380 000 Ehepaare in Deutschland auf dem Standesamt. Das Ende kommt aber häufig früher. Immer weniger Deutsche bleiben tatsächlich bis zum Tod mit ihrem Partner zusammen, jede dritte Ehe wird inzwischen geschieden.
Eine Scheidung gerät schnell zur Schlammschlacht, aber immerhin gibt es seit 1. September weniger Streit bei der Aufteilung der Rente. Seit Kurzem gilt ein neues Scheidungsrecht, das den finanziellen Ausgleich unter den Ehepartnern neu regelt. Das Gesetz sieht vor, dass sich die Ehegatten alle erworbenen Ansprüche aus der Rentenversicherung, der betrieblichen Altersvorsorge oder aus Anwartschaften berufsständischer Versorgungswerke zur Hälfte teilen. Ausgenommen sind Ehen, die weniger als drei Jahre dauerten, inklusive dem Trennungsjahr. Gerechter und einfacher soll die neue Vorschrift die Verteilung der Altersvorsorge machen, so Justizministerin Brigitte Zypries.
Bisher galt, dass die Begünstigten – meist die Ehefrauen, die zu Hause geblieben waren und die Kinder versorgt hatten – die Beträge aus der betrieblichen Altersvorsorge erst einfordern konnten, wenn beide Partner im Ruhestand waren. „Die sogenannte Barwertverordnung regelte den Ausgleich betrieblicher Altersversorgungen über die gesetzliche Rentenversicherung“, sagt Klaus Weil, Fachanwalt für Familienrecht. Mit 65 musste die Ehefrau somit noch mal bei ihrem Ex-Mann anklopfen und die Rente im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs einfordern. Zahlreiche Frauen wollten aber nach so vielen Jahren nicht noch einmal gegen ihren Ehemaligen in den Ring steigen und verzichteten lieber ganz auf das Geld. „Viele haben es auch schlicht vergessen“, sagt Weil. „So bekamen sie häufig nicht das, was ihnen an Beträgen zustand.“
Nachteilig wirkt sich das neue Gesetz für den Partner aus, der während der Ehe höhere Rentenansprüche erworben hat. Meist sind es die Männer. Sie haben bisher auch davon profitiert, dass viele Ex-Frauen Jahre später das Geld nicht mehr eingefordert hatten.
Jetzt machen beide Partner einen klaren Schnitt. Geht eine Ehe in die Brüche, erhalten die Partner unmittelbar bei der Scheidung einen direkten Versorgungsanspruch. Der beträgt die Hälfte der in der Ehe erworbenen Rente. Juristen nennen das die „interne Teilung“. Hat ein Abteilungsleiter während seiner Ehezeit einen Rentenanspruch von 4000 Euro bei einem privaten Versicherer erworben, bekommt seine jetzige Frau davon 2000 Euro auf ein eigenes Konto beim gleichen Unternehmen.
Der Ausgleich kann aber auch andersherum verlaufen. So erhält der Mann etwa die Hälfte der Rente, auf die seine Ehemalige als Medizinerin bei der Ärzteversorgung Anspruch hat. „Die muss dann den Mann in ihr System aufnehmen und auch noch zahlen, wenn die Frau zehn Jahre später stirbt“, sagt Weil. Auch Punkte bei der gesetzlichen Rentenversicherung müssen geteilt werden.
Die Berechnung und Aufteilung der Renten übernehmen nunmehr die Versorgungsträger. „Früher mussten sie nur darlegen, welche Anrechte in ihrem Unternehmen bestehen, heute müssen sie Teilungsvorschläge machen, sich mit den Gerichten darüber einigen und dann die Teilung der jeweiligen Anrechte selbst umsetzen“, sagt ein Sprecher des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Hat ein Ehepaar mit mehreren Verträgen, also privat, betrieblich und gesetzlich vorgesorgt, kann das dauern. „Ich gehe davon aus, dass sich die Scheidungen jetzt deutlich länger hinziehen werden“, sagt Fachmann Weil.
Das Gesetz erlaubt aber Ausnahmen: Hat ein Manager einen Großteil seiner Rentenansprüche im Ausland erworben, werden die nicht sofort geteilt. „Die Ehefrau muss ihren Anteil wie bisher beim Eintritt in die Rente einfordern“, sagt Familienrechtler Weil. Generell gilt: Der Versorgungsausgleich ist für jeden Pflicht. Wer darauf verzichten möchte, muss das mit seiner oder seinem Verflossenen in einem Ehevertrag festlegen.
Sind sich die Partner einig, wer was und wie viel bekommen soll, können sie den Gang zum Gericht vermeiden und die Aufteilung ihres Rentenvermögens vor einer Scheidung klären. Das ist denkbar, wenn der Mann seiner Frau das gemeinsame Haus überlässt, die Frau dafür auf das Geld aus der Altersvorsorge verzichtet. Festlegen sollten das die Noch-Ehepartner in einem Ehevertrag. „Die Partner können individuell und nach den Bedürfnissen des Einzelnen entscheiden“, sagt Familienrechtler Weil. „Die Neuregelung lässt den Eheleuten auf diese Weise viel Spielraum.“
Möglich ist auch, die zu übertragenden Versorgungsrechte in einen bereits bestehenden oder neu abgeschlossenen Rentenvertrag zu überweisen. Der versorgungsberechtigte Ehegatte muss dazu einen anderen Versicherer oder ein anderes Versorgungssystem benennen. Experten bezeichnen diese Art der Abwicklung als „externe Teilung“.
Anne-Christin Gröger
Quelle: Financial Times Deutschland
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