Firmen brauchen eine gute Strategie, sonst droht die Eroberung neuer Märktezu scheitern. Besonders wichtig ist es, die richtigen Leute zu finden
Der Produktionsstandort war neu für den deutschen Mittelständler, die Maschinen waren es nicht. Die alten Modelle aus dem Stammhaus sollten im Ausland laufen. Doch es gab keine Handbücher mehr für die Geräte, die Bedienung war kompliziert. Die Arbeiter brauchten viel länger als kalkuliert, um mit den Abläufen vertraut zu werden. Mit neuen Maschinen wäre der Start für das Unternehmen viel einfacher gewesen – die Arbeiter hätten Handbücher und Schulungen bekommen und der Käufer eine Garantie.
„Es gibt typische Fehler, die man immer wieder entdeckt, wenn Auslandsengagements schiefgehen“, erklärt Arndt Günter Kirchhoff, Geschäftsführender Gesellschafter der Kirchhoff Gruppe, ein Autozulieferer und Werkzeughersteller. Er ist auch Vorsitzender des BDI/BDA-Mittelstandsausschusses. „Bisher sind erst acht Prozent der europäischen Mittelständler im Ausland aktiv“, sagt Kirchhoff. „Das ist ein sehr niedriger Wert, wenn man bedenkt, dass auslandsaktive Unternehmen erfolgreicher sind.“ Früher sind Mittelständler ihren Kunden schlicht ins Ausland gefolgt. „Heute, im Zeitalter der Globalisierung, ist es eigentlich weniger der Fall, und man sollte selbst entscheiden, welche Märkte und Regionen die Entwicklung des eigenen Unternehmens voranbringen“, sagt er.
In mittelständischen Unternehmen ist meistens ein kleiner Kreis von Managern für solche Entscheidungen verantwortlich. Sehen die im Ausland attraktive Geschäftsmöglichkeiten, wird nicht lange gezögert. „So zu arbeiten bringt natürlich Vorteile, denn man kann recht schnell auf neue Möglichkeiten reagieren und bei einer Markterschließung vorne dabei sein“, sagt Axel Weller, Gesellschafter bei der Unternehmensberatung Management Partner. Aber ohne fundierte Strategie kann die Internationalisierung schnell scheitern.
Manager sollten sich darüber klar sein, welche Rolle die Auslandsgesellschaft spielen wird und was das für das Stammhaus bedeutet, sagt Weller. Das Unternehmen muss entscheiden, welche Funktionen künftig dezentral und welche zentral gesteuert werden. „Das Controlling, das bei einem Mittelständler traditionell schlank ist, wird plötzlich viel größer“, erklärt Weller. „Die Gesamtstruktur des Unternehmens verändert sich.“
Manager müssen sich über ihre Ziele und den Weg dahin im Klaren sein. „Heute haben die Unternehmen erkannt, dass man nicht nur ins Ausland gehen sollte, um billiger zu produzieren, sondern um neue Märkte zu erschließen“, sagt Oliver Weirauch, geschäftsführender Partner bei der Unternehmensberatung Droege & Comp. „Viele machen sich aber keine Gedanken, wie sie die neuen Märkte erschließen wollen.“
Ganz entscheidend für Firmen mit Auslandsambitionen ist eine vorausschauende Personalpolitik. Wie wichtig das ist, bekam der metallverarbeitende Betrieb zu spüren, der sich ein Standbein im Ausland aufbauen wollte. Böse überrascht stellten seine Manager fest, dass am gewählten Standort nur Facharbeiter für die chemische Industrie zu finden waren.
Auch für die Besetzung der Leitungspositionen brauchen Unternehmen dringend ein gutes Konzept. Denn zu Beginn der Expansion ins Ausland gibt es oft zu wenig Manager, die aus dem Unternehmen heraus die Projekte betreuen können, sagt Weirauch. „Das müssen Leute sein, die sich im Stammhaus profiliert haben und das Vertrauen des Unternehmers genießen.“
Ohne Hilfe ist der Schritt ins Ausland schwierig. Doch bei Unterstützung durch Unternehmensberater rät Verbandsvertreter Kirchhoff zur Vorsicht: „Sie müssen schon ganz spezifisch in das geforderte Leistungsspektrum passen.“ Er hat gute Erfahrungen mit den Auslandshandelskammern, den deutschen Botschaften vor Ort oder internationalen Rechtsanwalts- und Steuerberatungsgesellschaften gemacht.
Vor allem kleinere Firmen sind auf Partner und Kooperationen angewiesen. „Hierbei ist nur zu beachten, dass man sein Know-how schützt“, sagt Kirchhoff. Viele Aufgaben von der Buchhaltung bis zum Aufbau der Infrastruktur könnten Firmen mit gleichgesinnten Unternehmen gemeinsam angehen.
Katrin Berkenkopf
Quelle: Financial Times Deutschland
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