Chubb zahlt 30 Mio. Euro aus Managerhaftpflicht · Branche fürchtetSchadenwelle
Von Herbert Fromme, Köln
Der US-Versicherer Chubb muss einen Großschaden aus der Managerhaftpflichtversicherung verdauen, der sogenannten Directors and Officers Liability (D&O): Die Düsseldorfer Deutschland-Niederlassung zahlt der Ismaninger Constantin Medien 30 Mio. Euro. Das geht aus der Einladung von Constantin – früher EM.TV – für die außerordentliche Hauptversammlung hervor. Zu dem Unternehmen gehört auch der Sportsender DSF.
Damit trifft binnen weniger Wochen ein zweiter Großschaden in Deutschland die D&O-Versicherung. Mit ihr sichern Unternehmen ihre Vorstände und Aufsichtsräte gegen Ansprüche ab, die aus ihrer Berufstätigkeit stammen. Im September hatte sich der Siemens-Konzern mit einem Versicherungskonsortium unter Führung der Allianz auf die Zahlung von 100 Mio.Euro geeinigt. Damit werden Ansprüche gegen Ex-Vorstandsmitglieder aus der Schmiergeldaffäre abgegolten. Siemens hatte ursprünglich 250 Mio. Euro gefordert.
Der deutsche D&O-Markt wird auf 300 Mio. Euro bis 500 Mio. Euro Jahresprämie geschätzt – genauere Zahlen gibt es nicht, weil die Versicherer sie nicht veröffentlichen. Allein die beiden jetzt bekannt gewordenen Großschäden kosten die Branche damit ein Viertel bis ein Drittel der Jahresprämie.
EM.TV war vor zehn Jahren noch ein Star am Neuen Markt, nach einem steilen Absturz stand die Firma im Zentrum von Skandalen und Anlegerklagen. EM.TV hatte eine Managerhaftpflicht für sein Führungspersonal abgeschlossen, darunter die Gründer Thomas und Florian Haffa. Versicherer waren die amerikanischen Gesellschaften Chubb und Ace.
Die neue Führung von EM.TV und den Nachfolgegesellschaften wirft den Haffa-Brüdern und anderen Managern vor, bei zahlreichen Geschäften ihre Pflichten als Organmitglieder verletzt zu haben. Seit Ende 2003 verlangt sie hohe Millionenbeträge von insgesamt 20 Ex-Vorständen und Aufsichtsräten, die wiederum die D&O-Versicherer eingeschaltet haben. Zur Abwehr der Ansprüche hat Chubb bereits mehr als 8,8 Mio. Euro an Anwaltskosten gezahlt. Die langwierigen Auseinandersetzungen endeten jetzt mit dem Vergleich.
Der EM.TV-Schaden stammt aus dem Platzen der Blase um den Neuen Markt. Die Assekuranz befürchtet, dass aus der jetzigen Finanzkrise ebenfalls hohe Ansprüche aus D&O-Deckungen und Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen entspringen werden – es gibt bereits viele Klagen von Geschädigten.
Zwar ist der Höhepunkt der Klagewelle zumindest in den USA schon überschritten. Doch wird es noch Jahre dauern, bis sich die Schäden in den Zahlen der Versicherer zeigen. Die Preise für D&O-Deckungen steigen trotz der neuen Millionenansprüche für die meisten Firmen indes nicht. Erhöhungen müssen nur Banken und andere Finanzunternehmen hinnehmen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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