Hausse geht an Lebensversicherungskunden größtenteils vorbei · Aktienmärkteerreichen Jahreshoch
VON Elisabeth Atzler,
Christian Kirchner, Frankfurt,
und Herbert Fromme, Köln
D ie Dax-Rally der vergangenen Monate geht an deutschen Profianlegern fast komplett vorbei – während ausländische Investoren massiv profitieren. So halten hiesige Versicherer momentan deutlich weniger als zehn Prozent ihres Anlagevermögens in Aktien. Darunter leiden Millionen Besitzer von Lebensversicherungen, deren Überschussbeteiligung trotz der Hausse mager bleibt.
Die Skepsis der Versicherer erklärt sich mit den Milliardenverlusten, die die Branche durch den Crash des Neuen Marktes und während der Finanzkrise erlitten hatte. 2002 – damals lag die Aktienquote bei bis zu 14 Prozent – mussten die Konzerne rund 13 Mrd. Euro abschreiben. Im vergangenen Jahr lagen die Abschreibungen dann neuerlich bei 10,5 Mrd. Euro.
Ein weiterer Grund für das defensive Anlageverhalten sind die neuen Aufsichtsregeln Solvency II: Die Konzerne müssen für riskantere Anlagen künftig mehr Eigenkapital vorhalten. Ein hoher Aktienbestand bindet damit Kapital, das den Unternehmen bei der Unterlegung von Versicherungsrisiken fehlt.
Vor Beginn der aktuellen Rally hatten die Versicherer im Schnitt gerade einmal rund drei Prozent ihrer Mittel in Aktien investiert. Die Quote hat sich Experten zufolge seitdem zwar leicht erhöht. Allerdings dürfte das relative Plus im Wesentlichen auf den Wertzuwachs der Papiere zurückzuführen sein.
Der Dax stieg gestern um 1,3 Prozent und übersprang zwischenzeitlich zum ersten Mal in diesem Jahr die 5800-Punkte-Marke. Seit dem Tiefpunkt Anfang März hat das deutsche Leitbarometer rund 60 Prozent gewonnen – und liegt damit annähernd wieder auf dem Niveau von vor der Lehman-Pleite im September 2008. Auch der britische Leitindex FTSE 100 erreichte gestern ein neues Jahreshoch. An der New Yorker Wall Street fehlten dem Dow Jones am Abend nur mehr rund 100 Zähler zur 10 000-Punkte-Grenze.
Hinter dem Höhenflug am deutschen Aktienmarkt vermuten Händler vor allem amerikanische und britische Investoren. Durch das niedrige Zinsniveau verfügen viele Banken über hohe Barbestände, die vielfach in Aktien fließen, um die kurzfristige Rendite zu steigern. Auch die Hedge-Fonds seien in den Markt zurückgekehrt, heißt es in einem Bericht der Credit Suisse.
Für angelsächsische und asiatische Anleger bietet der deutsche Markt einen weiteren Vorteil: Dank des seit Wochen steigenden Euro fahren sie neben dem Kursplus auch noch Währungsgewinne ein. „Da der US-Dollar und das britische Pfund schwach sind, gibt es einen Kapitalfluss in die Euro-Zone“, sagt Achim Matzke, Aktienmarktexperte der Commerzbank. Wie attraktiv die deutsche Börse ist, zeigt sich, wenn man die währungsbereinigte Bilanz betrachtet: So betrug zum Beispiel das Dax-Plus in japanischen Yen gerechnet seit März 70 Prozent. Anleger aus dem Dollar-Raum sowie aus China kamen im besten Fall sogar auf einen Zuwachs von rund 85 Prozent.
Viele deutsche Profianleger seien in den Aktienmarkt hingegen nicht eingestiegen, sagt Martin Rottenwallner, Investmentberater bei Watson Wyatt Heissmann. Das gelte neben den Versicherern auch für die Pensionskassen, deren Risikobudgets momentan oftmals geringer seien als vor Jahresfrist. Etwas optimistischer sind die Privatanleger, die laut Branchenverband BVI seit Jahresbeginn immerhin fast 9 Mrd. Euro in Aktienfonds gesteckt haben. Unter den zehn Publikumsfonds mit den höchsten Zuflüssen findet sich trotzdem nur ein Aktienfonds.
Die Aktienhausse 19
Quelle: Financial Times Deutschland
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