Versicherer umwerben Autofahrer

Kfz-Policen können bis Ende November gekündigt werden · Immer noch Preisunterschiede von mehreren Hundert Euro

VON Herbert Fromme

Nach fünf Jahren beinhartem Preiskampf in der Autoversicherung sollte sich die Schere zwischen teuren und günstigen Tarifen eigentlich geschlossen haben. Doch stattdessen liegen für viele Autofahrer noch immer mehrere Hundert Euro zwischen dem schlechtesten und dem besten Angebot.

Grundsätzlich gilt: Wer seine Autoversicherung einen Monat vor der sogenannten Hauptfälligkeit kündigt, kann bei einem neuen Anbieter abschließen. Für den überwiegenden Teil des Marktes ist die Hauptfälligkeit der 1. Januar eines jeden Jahres. Die Schlacht um die Autofahrer findet deshalb im Oktober und November statt. Zwischen drei und vier Millionen Autofahrer wechseln jährlich den Anbieter.

Zwar hassen die Versicherungsvertreter die Autoversicherung inzwischen regelrecht. Zwischen 30 Euro und 50 Euro Provision bekommen sie für diese Massenware, obwohl der Beratungsaufwand beträchtlich sein kann. Und die Vorstellung, die Autopolice sei ein Türöffner für teurere Angebote, ist längst verflogen. Dennoch kann es sich für Versicherte lohnen, den eigenen Vertreter anzurufen und unter Hinweis auf die Wechselmöglichkeit einen günstigeren Preis einzufordern. Vor allem für Kunden, die auch ihre Lebens-, Kranken- oder Gebäudeversicherung beim selben Anbieter abgeschlossen haben, führt das oft zu Einsparungen.

Als Informationsmedium taugt vor allem das Internet. Vergleichsportale wie Nafi-Auto, Check 24 oder Aspect Online suchen günstige Policen heraus. Der Bund der Versicherten hat gerade seine eigene Plattform online gestellt. Die Vergleichsportale tun das nicht aus reiner Nächstenliebe, die meisten kassieren beim Online-Abschluss eine Provision.

Vorsicht ist geboten, wenn ein Versicherer radikal günstiger ist als alle anderen – es gibt auch Schaufensterpreise, die dann durch sinnvolle, aber völlig überteuerte Zusatzangebote im Endeffekt teurer werden können.

Mancher Tarif ist auch deshalb so günstig, weil der Versicherer eine Werkstattbindung vorsieht – hier muss ein Fahrzeug bei einem Kasko-Schaden von einer seiner Vertragswerkstätten repariert werden. Das muss nichts Schlechtes sein, Kunden sollten das aber wissen.

Doch generell gilt: Es gibt noch Luft nach unten. Zwar wiederholen seit drei Jahren Branchenvertreter gegen Jahresende die Behauptung, jetzt sei die Zeit der Preissenkungen endgültig vorbei. Bislang blieben das ihre Wunschvorstellungen. Im Jahr 2008 gingen die gesamten Prämieneinnahmen in der deutschen Autoversicherung noch einmal um 2,1 Prozent auf 20,37 Mrd. Euro zurück. Von 2004 bis 2008 hat sich diese Summe um 9,5 Prozent reduziert. Gleichzeitig stieg die Zahl der Fahrzeuge von 47,7 Millionen auf 49,6 Millionen. „Rechnerisch gingen die Beiträge deshalb sogar um 12,9 Prozent zurück“, weiß Georg Bräuchle, Mitglied der Geschäftsleitung beim Großmakler Marsh. Zwar hat es einen Rückgang in der Schadenhäufigkeit gegeben, insgesamt ist der Schadenaufwand aber nicht gefallen. Er liegt seit 2003 bei knapp unter 20 Mrd. Euro.

Die Versicherungsbranche hat deshalb in der Autoversicherung schon 2008 einen sogenannten technischen Verlust in Höhe von 400 Mio. Euro eingefahren, für 2009 rechnet sie mit 500 Mio. Euro. Allerdings ist das eine reine Rechengröße. Denn hier lassen die Autoversicherer ihre Kapitalerträge außen vor. Selbst bei einem technischen Verlust von über 1 Mrd. Euro dürfte die Branche als Ganzes betriebswirtschaftlich schwarze Zahlen schreiben.

Aus diesen Gründen ist der Wettbewerb äußerst lebendig, kann von flächendeckenden Preiserhöhungen nicht die Rede sein. Der Marktzweite HUK-Coburg habe seine Preise gerade noch einmal „im einstelligen Bereich“ gesenkt, sagt ein Sprecher. Die ADAC Autoversicherung, ein Gemeinschaftsunternehmen des Autoklubs mit der Zurich, brachte im September den besonders günstigen Eco-Tarif für Klubmitglieder.

Der Marktführer Allianz hat inzwischen die Hoffnung aufgegeben, aus der jährlichen Jahresend-Schlacht als Sieger hervorgehen zu können. Jetzt schafft der Konzern die einheitliche Hauptfälligkeit ab – und setzt so darauf, die Kunden länger an sich binden zu können.

www.ftd.de/versicherung

Die Anbieter im Vergleich

Quelle: Financial Times Deutschland

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