Vermittler sollen künftig Teile ihrer Vergütung an Kunden auszahlen dürfen ·Weitreichende Auswirkungen für die gesamte Branche
Von Herbert Fromme, Köln
Das Bundeskartellamt hält das geltende Verbot von Provisionsabgaben in der Assekuranz für rechtswidrig und will es zu Fall bringen. Es glaubt, dass das Verbot der Provisionsabgaben von Vermittlern an Kunden gegen Europarecht verstößt.
Setzt sich das Amt durch, hätte das weitreichende Folgen für die gesamte Branche. Die Abschaffung der Vorschrift könnte zu einer echten Bedrohung des jetzigen Systems des Versicherungsvertriebs führen, das vor allem auf Provisionen für Vertreter und Makler beruht. Nach Informationen der FTD aus Versicherungskreisen verweigert die Bonner Behörde dem Verband Deutscher Versicherungsmakler (VDVM) die Genehmigung seiner Wettbewerbsleitlinien, weil der Verband dort das Provisionsabgabeverbot für seine Mitglieder ausdrücklich bekräftigt. Das Kartellamt wollte nicht Stellung nehmen. Der VDVM bestätigte nur, dass er mit dem Amt über seine Wettbewerbsleitlinien spricht.
Versicherungsvermittler – gleichgültig ob Vertreter eines Versicherers oder unabhängiger Makler – dürfen ihren Kunden keine „Sondervergütungen“ aus ihrer Provision gewähren. Das legt eine Verordnung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht fest, zu der sie das Versicherungsaufsichtsgesetz ermächtigt. Verstöße kann die BaFin mit Geldbußen bis zu 100 000 Euro ahnden.
Mit dem seit 1934 geltenden Verbot soll verhindert werden, dass Vermittler über Zahlungen aus ihrer Provision an die Kunden untereinander konkurrieren. Verbraucherschützer fordern seit Jahren die Aufhebung. Sie monieren, der Versicherungsvermittler dürfe wegen des Verbots keine Rabatte gewähren. Das behindere den freien Wettbewerb, fördere die Vermittlung gegen Provision und behindere die Einführung der Beratung gegen ein Honorar, das dann der Kunde zahlt. Auch die EU-Kommission hat sich kritisch geäußert und sieht Wettbewerbsbeschränkungen.
Die Versicherungswirtschaft befürwortet dagegen das Verbot. Bei lange laufenden Lebens- und Krankenversicherungspolicen können leicht mehrere Tausend Euro an Provision anfallen. Die Branche befüchtet, dass die Kunden bei Wegfall des Verbots um möglichst hohe Zahlungen des Vermittlers feilschen. Das Verbot wird schon heute oft umgangen. Auch darf ein Vermittler einen sogenannten Tippgeber für seine Dienste mit einem Teil der Provision entlohnen.
Die Haltung des Kartellamts zu den Wettbewerbsleitlinien des Maklerverbandes kommt überraschend, weil die Behörde vor drei Jahren Wettbewerbsleitlinien des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft genehmigte. Dort ist ein Absatz enthalten, der fast wortgleich zum jetzt beanstandeten Papier des VDVM das Provisionsabgabeverbot bekräftigt.
Quelle: Financial Times Deutschland
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