Für den Selbstbehalt in der Managerhaftpflicht gibt es viele Lösungen – undgenauso viele Unsicherheiten
Von Herbert Fromme
Der Selbstbehalt in der Managerhaftpflicht sorgt für Diskussionsstoff und Verunsicherung auf deutschen Chefetagen. Dafür verantwortlich ist einerseits das am 5. August 2009 in Kraft getretene „Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung“, das Fachleute in vielen Punkten als unklar und interpretationsfähig empfinden. Andererseits führt die verwirrende und sich teils widersprechende Angebotssituation aufseiten der Versicherer immer wieder zu Irritationen. Einzelne Versicherungsunternehmen werfen dabei der Konkurrenz vor, dass ihre Lösung nicht gesetzeskonform sei.
Betroffen sind die rund 42 000 Vorstände der 14 000 deutschen Aktiengesellschaften. Dazu kommen zahlreiche Geschäftsführer großer GmbHs sowie Aufsichtsratsmitglieder. Noch hat kaum ein Unternehmen solche Deckungen abgeschlossen. Bis Mitte 2010 müssen die Vorschriften umgesetzt sein. Bei Firmen, die ihre Managerhaftpflichtdeckung jährlich zum 1. Januar abschließen, müssten die Lösungen also bis Ende des Monats in trockenen Tüchern sein.
Mit der Managerhaftpflicht, die nach dem englischen Vorbild Directors & Officers Liability Insurance mit D&O abgekürzt wird, decken Aktiengesellschaften und andere große Firmen ihr Führungspersonal gegen Vermögensschäden ab, die sie in ihrer Berufs- oder Aufsichtstätigkeit verursachen. Das ist seit Jahren politisch umstritten. Manager könnten so ihre Verantwortung abwälzen, lautet der Vorwurf.
Mit dem neuen Gesetz führte die Große Koalition eine verbindliche Selbstbehaltsregelung ein. Kommt es zu einem Schaden, muss ein Manager mindestens zehn Prozent, maximal 1,5 Jahresgehälter selbst tragen. Der Gesetzgeber ließ ausdrücklich zu, dass sich die Chefs persönlich gegen das Selbstbehaltsrisiko versichern können.
Alle großen Anbieter von D&O-Policen haben inzwischen entsprechende Konzepte im Angebot, darunter Allianz, HDI-Gerling, AIG/Chartis oder Axa. Mit einer separaten Selbstbehaltspolice ist die Zeichnungsagentur Dual unterwegs. Die hauseigenen Makler einiger großer Dax-Konzerne haben inzwischen zusammen mit Versicherern eigene Konzepte entwickelt. „Die erzielbaren Preise fallen“, sagte Hartmut Mai, Chef der zuständigen Abteilung bei der Allianz Global Corporate & Specialty. „Das Höchste, was wir sehen, sind rund 20 000 Euro für den Chief Executive eines großen Konzerns.“ Für normale Vorstandsmitglieder rechnet er mit 10 000 Euro. Vor zwei Monaten war Mai von 25 000 Euro bis 40 000 Euro ausgegangen.
Die Allianz bietet zwei verschiedene Deckungsarten an. Die billigere Variante heißt „Regress-Lösung“, im Markt wird sie auch Anrechnungsmodell genannt. Bei einem möglichen D&O-Schaden zahlt die Allianz dem geschädigten Unternehmen die volle Versicherungssumme einschließlich des Selbstbehalts, fordert dann aber Ersatz vom Vorstand. Gegen diesen Regress ist er oder sie über eine Gruppenpolice versichert.
Beim zweiten Deckungstyp zahlt die Allianz im Schadensfall den Eigenbehalt nicht mit aus. Den muss das Unternehmen von seinem Vorstand einfordern – der dagegen unter einer separaten Police bei der Allianz versichert ist. Für diese Lösung gelten Preise von 10 000 Euro bis 20 000 Euro, die Regress-Lösung kostet nur ein Drittel davon.
Die Vorstände wollen nicht selbst zur Kasse gebeten werden. Sie fürchten aber, nicht vollständig gesetzestreu zu handeln, also nicht „fully compliant“ zu sein.
Versicherer wie die Wiesbadener R+V verfolgen das Anrechnungsmodell mit voller Konsequenz. Die Summe des Selbstbehalts wird auf die allgemeine D&O-Kapazität angerechnet, der Versicherer hat also kein höheres Risiko. Pro Vorstand berechnet R+V 200 Euro Bearbeitungsgebühr. HDI-Gerling bietet kein Anrechnungsmodell an, sondern nur eine separate Deckung. Nur das, glaubt das Management, entspreche dem Geist des Gesetzes.
Quelle: Financial Times Deutschland
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