Teurer Schutz

Politik und Assekuranz haben eine Lösung gefunden für Zulieferer, denenKreditversicherer keine ausreichende Deckung geben

Das war eine wirklich schwere Geburt: In diesen Tagen können Firmen die ersten staatlichen Zusatzdeckungen für privaten Kreditversicherungsschutz kaufen. Monatelang haben Vertreter aus dem Finanz- und aus dem Wirtschaftsministerium untereinander und mit Abgesandten der Assekuranz darum gerungen.

Hintergrund der staatlichen Intervention ist die krisenbedingte restriktive Zeichnungspolitik der Kreditversicherer. Die sogenannten Warenkredite, die sich Firmen untereinander geben, gehören in Deutschland zu den wichtigsten Finanzierungsformen überhaupt. Sie kommen zustande, indem Zulieferer ihren Abnehmern einen bestimmten Zeitraum bis zur Zahlung einräumen. Das können 60, 90 oder 120 Tage sein. Geht der Kunde pleite, sieht der Lieferant kein Geld. Um sich davor zu schützen, können Firmen eine Warenkreditversicherung abschließen. Kreditversicherer wie die Allianz-Tochter Euler Hermes, Atradius, Coface oder Zurich decken das Risiko, dass ein Unternehmen wegen eines bankrotten Kunden auf der offenen Rechnung sitzen bleibt.

Die Krise führt zu hohen Schäden für die Versicherer, deshalb haben sie ihre Zeichnungspolitik erheblich verschärft. Schon immer mussten die Lieferanten bei einem Schaden eine Eigenbeteiligung zahlen, meistens um 20 Prozent. Diesen Selbstbehalt haben die Anbieter hochgeschraubt. Industrieverbände kritisieren, dass viele Zulieferer gar keine Deckung mehr bekommen. Das

bestreiten die Versicherer. „Wir schließen keine Branche aus“, sagt Thomas Krings, Mitglied der Direktion beim Marktführer Euler Hermes. „Es hängt immer von der individuellen Prüfung ab, ob und in

welcher Höhe der Kunde Deckung bekommt.“

Nach Auffassung der Kreditversicherer gibt es keinen Deckungsnotstand. Doch gegenüber der Bundesregierung durchgesetzt haben sich die Industrieverbände. Sie beschweren sich seit Monaten lautstark über das Verhalten der Kreditversicherer, mit gutem Grund finden Marktteilnehmer. „Die Wirtschaft trifft es hart, wenn die Kreditversicherung nicht funktioniert“, sagt der Versicherungsmakler Cengiz Horn von Gossler, Gobert & Wolters. Nach seinen Erfahrungen trifft die harte Zeichnungspolitik besonders mittelständische Firmen aus der Automobil-, Stahl- und Chemiebranche. Sie stehen vor einem Dilemma: Entweder sie verlangen Vorkasse oder andere Sicherheiten wie eine Bürgschaft oder sie geben das Geschäft auf.

Zurzeit scheint es aber eine vorübergehende Besserung zu geben. „Die Lage stabilisiert sich auf niedrigem Niveau“, sagt Carlo Ries vom Kreditversicherungsmakler Südvers. „Die Kreditversicherer zeichnen wieder mehr.“ Doch die Gegenbewegung ist absehbar. Viele Firmen legen 2010 schlechte Zahlen für das Jahr 2009 vor, das schreckt die Anbieter ab. „Ich fürchte, dass der

Deckungsschutz nochmal sehr stark zurückgehen wird“, sagt Ries.

Dann könnte die staatliche Auffanglösung greifen. Schon im Sommer hatte der Lenkungsausschuss „Unternehmensfinanzierung“ der Bundesregierung beschlossen, dass der Staat künftig bei Kreditversicherungen in die Bresche springt. „Das Gewährleistungsvolumen aus dem Wirtschaftsfonds Deutschland beträgt insgesamt 7,5 Mrd. Euro“, sagt ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums.

Die Versicherer wollen die Zusatzdeckung nicht, sie sind der Meinung, dass der Markt das Problem auch ohne staatliche Hilfe löst. Auch aus dem Finanzministerium kam ursprünglich wegen der hohen Kosten für die Bürgschaften Widerstand. Das hat die Verhandlungen offenbar ziemlich mühsam gemacht. Erst im Dezember waren die Verträge zwischen Regierung und Versicherern unterschriftsreif.

Allerdings sind die staatlichen Zusatzdeckungen teuer. Der Preis soll pro Jahr 2,88 Prozent der Deckungssumme betragen. Für eine Bürgschaft über 100 000 Euro müssen Unternehmen also 2880 Euro zahlen. Das ist erheblich mehr, als der private Schutz kostet, auch wenn die Preise aufgrund der unterschiedlichen Systematik schwer vergleichbar sind. In der Regel decken Kreditversicherer keine Einzelrisiken. Bei den privaten Anbietern hängt die Prämie vom Umsatz eines Unternehmens und der Bonität seiner Kunden ab. In die staatliche Lösung eingepreist sind die hohen Ausfallrisiken, denn die Deckung ist ja gerade für unsichere Kandidaten gedacht.

Die Versicherer hatten der Politik einen niedrigeren Preis vorgeschlagen. „Die Bundesregierung will aber einen risikoadäquaten Preis“, heißt es aus Verhandlungskreisen. Die Abwicklung der Zusatzdeckung organisieren die Kreditversicherer gegen eine, wie es heißt, „angemessene“ Gebühr.

Der Staat springt auch künftig nicht ein, wenn Unternehmen von den Kreditversicherern wegen des hohen Risikos überhaupt keine Deckung bekommen. Er übernimmt Risiken maximal bis zu der Höhe, die auch der Kreditversicherer trägt. In Frankreich hatte die Regierung zunächst eine ähnliche Lösung angeboten. Sie wurde von den Firmen aber nicht angenommen. Mittlerweile übernimmt der Staat dort Risiken auch komplett.

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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