Wachsendes Misstrauen im Geschäftsleben

Spezialisten recherchieren, ob Besteller solvent sind

 

Das Wirtschaftstief verschont keine Branche, produziert aber auch Gewinner: die Anbieter von Bonitätsprüfungen. Immer mehr Firmen möchten wissen, ob ihre Geschäftspartner bestellte Lieferungen tatsächlich zahlen können oder bald Insolvenz anmelden. „In Spitzenzeiten war die Nachfrage um 20 Prozent höher als gewöhnlich“, sagt Martina Neumayr, Direktorin bei der Wirtschaftsauskunftei D&B Deutschland. Das Unternehmen gehört zum weltweiten D&B Netzwerk und in Europa zur Bisnode-Gruppe.

D&B und Konkurrenten wie Creditreform oder Bürgel bieten die Nutzung von Datenbanken oder Computerprogrammen an. Sie sammeln Bilanzen, Umsatzzahlen oder Angaben aus dem Handelsregister und erfassen aktuelle Entwicklungen. „Einige Industrien wie im Maschinenbaugewerbe haben auch in der Krise eine hohe Zahlungsmoral, bei anderen wie dem Baugewerbe ist sie hingegen gesunken“, sagt Marco Freund von D&B. Weil in der Krise Betriebe schnell und ohne Vorwarnung pleitegehen, kontrollieren die Risikomanager häufiger die Liquidität ihrer Geschäftspartner. „Es werden viel mehr Informationen abgefragt als vor der Krise“, sagt Freund.

Ein alarmierender Hinweis auf eine drohende Insolvenz sind verspätete Zahlungen. „Zahlt ein Unternehmen anfangs pünktlich und wird die Überfälligkeit über die Monate immer länger, ist das ein recht zuverlässiger Indikator, dass dieses Unternehmen in Liquiditätsschwierigkeiten ist und es ihm nicht mehr gut geht“, erklärt Freund.

Betriebe geben mehr preis Aufgrund der Krise wollen immer mehr Firmen ihre Lieferungen bei Warenkreditversicherern dagegen versichern, dass der Abnehmer wegen Insolvenz nicht zahlt. „Die Nachfrage ist deutlich stärker als vor der Krise“, sagt Thomas Krings, Mitglied der Direktion von Euler Hermes. Die Allianz-Tochter ist Marktführer in der Kreditversicherung. Die Bonitätsprüfung gehört zum Kerngeschäft der Kreditversicherer, sie übernehmen nur auf Herz und Nieren geprüfte Risiken.

Daher unterhalten auch sie Datenbanken mit Informationen über Firmen aus der ganzen Welt. Euler Hermes besitzt mehr als 40 Millionen Datensätze, die ständig aktualisiert werden. Dazu jedoch sind die Rechercheure auf die Hilfe der Betriebe angewiesen, die beurteilt werden. „Den Firmen ist sehr bewusst, dass sie in der derzeitigen Lage mehr informieren müssen“, sagt Krings. Eine schlechte Bewertung kann ihnen sehr schaden. Werden sie als schlechtes Risiko eingestuft, bekommt der Lieferant keine Deckung. Dann steht er oft vor der Alternative, nur noch gegen Vorkasse zu liefern oder auf den Auftrag zu verzichten.

Anne-Christin Gröger

und Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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