Finanzaufsicht kippt gegenseitiges Vetorecht · Keine Entscheidung über Entflechtung der verfeindeten Versicherer
Von Herbert Fromme
und Anja Krüger, Köln
Die Finanzaufsicht BaFin hat nach knapp dreimonatiger Prüfung in den Streit zwischen den Versicherern Bâloise und Signal Iduna eingegriffen. Die Behörde erließ nach Konsultationen mit dem Kartellamt Verwaltungsakte von je 35 Seiten gegen die umkämpften Firmen Deutscher Ring (DR) Kranken und Deutscher Ring Leben. Einzelheiten wollte die Behörde nicht nennen. Im November hatte die BaFin Anhörungen der beiden Unternehmen angesetzt.
Die Signal Iduna, die mit der DR Kranken einen Konzern bildet, schwieg, die Schweizer DR-Leben-Mutter Bâloise reklamierte den Verwaltungsakt als Sieg. „Er bestätigt unsere Auffassung, dass die Situation, in der sich unsere Gesellschaften befinden, rechtswidrig ist“, sagte ihr Chef Martin Strobel. Manager mit Kenntnis des Schreibens sehen aber keinen Grund für Jubel: Im Kernkonflikt hat die BaFin nicht entschieden.
DR Leben und DR Sach, die der Bâloise gehören, sind Aktiengesellschaften, die DR Kranken ist ein Versicherungsverein. Die drei kooperieren seit 80 Jahren. Ende 2008 wollte die Bâloise ihre Hamburger Töchter DR Leben und DR Sach enger mit ihren Basler-Gesellschaften in Bad Homburg verknüpfen. DR-Chef Wolfgang Fauter wurde gefeuert – blieb aber überraschend Chef der DR Kranken. Inzwischen ist die DR Kranken eine Allianz mit der Signal Iduna eingegangen.
Die BaFin-Verfügungen haben vier Teile. Im ersten ordnet die Behörde an, dass das 1962 im Organisationsvertrag von DR Leben und DR Kranken festgelegte gegenseitige Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen ungültig ist. Das hatten DR Kranken und DR Leben auf verschiedenen Ebenen im Kleinkrieg immer wieder eingesetzt.
Die BaFin hat zweitens angeordnet, dass die beiden Seiten monatlich acht Daten übermitteln müssen, darunter Personalweggang, Vertriebs- und Kostenentwicklung. „Die BaFin kann negative Auswirkungen der aktuellen Entwicklung nicht ausschließen und will durch die Berichte vorbeugen“, sagte ein Experte. Drittens verlangt die Aufsicht, den seit 2009 verpflichtend zu erstellenden Bericht über operationelle Risiken auch vorzulegen.
Der vierte Punkt: Die Verfügungen sind sofort vollziehbar, ein Widerspruch hätte keine aufschiebende Wirkung. Sollte eine der beiden Seiten der Ansicht sein, eine Verfügung sei ungerechtfertigt, müsste sie beim Verwaltungsgericht Frankfurt eine einstweilige Anordnung erwirken.
Die BaFin verlangt nicht die Entflechtung der Ring-Gesellschaften, die die Bâloise gern hätte, und ebenfalls nicht die Übernahme der DR Leben und DR Sach durch die Signal Iduna, wie es deren Chef Reinhold Schulte will. „Würde die BaFin das anordnen, müsste sie die Vorstände absetzen und durch einen Sonderbeauftragten ersetzen“, hieß es. Davon sei die Behörde aber weit entfernt. Dennoch haben die beiden Versicherer Handlungsbedarf – und deshalb für diese Woche neue Gespräche anberaumt.
Quelle: Financial Times Deutschland
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