kopf des TagesDer künftige Deutschlandchef der Allianz kämpft bereits gegenden Unmut im Konzern. Damit der Versicherer erfolgreicher wird, muss MarkusRiess weiter reformieren – und das unter strenger Beobachtung von oben
Selbst bei den eigenen Truppen ist Markus Rieß umstritten. Vor allem langjährige Mitarbeiter beklagen, der Allianz-Vertriebschef ginge ihnen mit seinen zahlreichen Power-Point-Präsentationen gewaltig auf die Nerven. Doch bald kann der Manager seinen Untergebenen beweisen, dass er nicht nur mit animierten Charts umzugehen weiß.
Ab Juli soll der 44-Jährige die Allianz Deutschland AG, kurz ADAG, anführen. Vorgänger Gerhard Rupprecht, 61, tritt dann seinen Ruhestand an. Er hat die 2006 im Zuge der großen Allianz-Reform in Deutschland geschaffene Landesholding aufgebaut – nach einem Masterplan von Konzernchef Michael Diekmann.
Rieß beerbt Rupprecht aber nicht auf der Topebene des Konzerns. In den Vorstand der Obergesellschaft Allianz SE zieht er nicht ein. Dort wird Werner Zedelius, 52, ab Januar 2011 für Deutschland, Österreich und die Schweiz zuständig sein. Bislang führte Zedelius das Ressort Growth Markets. Es umfasst vor allem stark wachsende Märkte in Asien und Osteuropa. Dass Rieß damit nur Teilerbe wird, ist aber kein Beleg für Misstrauen gegen ihn. Vielmehr wird so in Deutschland nachgeholt, was im restlichen Konzern Standard ist.
Rieß ist ein Allianz-Gewächs. Nach Studium und Promotion in Heidelberg war er 1990 kurz bei der Weltbank, ging aber schon bald zur Allianz Lebensversicherung. 1993 wechselte er zu McKinsey, wo er als Unternehmensberater arbeitete. Schon 1996 holte die Allianz ihn zurück, zunächst als Geschäftsführer der Allfonds International, ab 1997 als Vorstand der neuen Asset-Management-Gesellschaft Allianz Global Investors. Zehn Jahre später wurde Rieß Vorstandsmitglied der ADAG und Chef der ausgegliederten Vertriebsgesellschaft Allianz Beratungs- und Vertriebs-AG, in der die Allianz ihre deutschen 10 000 Vertreter bündelt.
Heute gibt es im Unternehmen viel Unzufriedenheit und Unruhe, in wichtigen Segmenten geht der Marktanteil zurück. Für die Allianz ist Deutschland mit 28 Prozent der Prämien und 35 Prozent des Gewinns entscheidend. Rieß weiß um den Unmut. Die Allianz habe die Effizienz ihrer Organisation gerade gewaltig gesteigert. „Das führt dazu, dass alle Beteiligten, Innendienst und Außendienst, ihre Prozesse ändern müssen“, sagte er vergangene Woche auf dem FTD-Versicherungstag. „Das führt nicht zwangsläufig zu Jubelstürmen.“
Der quirlige Rieß ist zu klug, um nicht zu spüren, dass der Deutschland-Umbau hakt und die Reform der Reform nötig ist. Ob er sich damit durchsetzen kann, ist eine andere Frage. Denn als Deutschlandchef wird er genauestens unter Beobachtung von Diekmann und Zedelius stehen. Doch Angst vor dem Bohren dicker Bretter hat Rieß nicht: Frank Schätzings Roman „Limit“ (1328 Seiten) hat er fast durch.
Herbert Fromme
Quelle: Financial Times Deutschland
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