Baukonzern Bilfinger Berger entdeckt Hinweise auf neue Mängel · Strafanzeigeder Stadt
Von Michael Gassmann, Düsseldorf, und Friederike Krieger, Köln
B ei immer mehr Großprojekten des Baukonzerns Bilfinger Berger werden erhebliche Mängel deutlich. Nach Hinweisen auf Pfusch in Köln und auf der ICE-Strecke München-Nürnberg erhärtete sich gestern der Verdacht, dass auch bei den Arbeiten an Düsseldorfs U-Bahn wichtige Teile nicht verbaut wurden. Die Stadt erstattete Strafanzeige gegen zwei Bilfinger-Mitarbeiter, wie die Staatsanwaltschaft bestätigte.
Die Qualitätsmängel sind für den zweitgrößten deutschen Baukonzern eine ernsthafte Bedrohung. Dass inzwischen das dritte Bauprojekt unter Pfuschverdacht steht, ist für die Reputation des Unternehmens höchst schädlich. Entsprechend verunsichert zeigen sich die Investoren. Erneut rutschte die Bilfinger-Aktie gestern ab. Innerhalb von vier Börsentagen hat das Papier damit fast elf Prozent an Wert verloren.
In Düsseldorf seien bei sechs temporären Absicherungen für Baugruben, sogenannten Schlitzwänden, Eisenteile zur Verbindung von Stahlkörben möglicherweise nicht korrekt eingebaut worden, teilte Bilfinger Berger mit. Für den Bauabschnitt seien dieselben Mitarbeiter verantwortlich, die kürzlich wegen Unregelmäßigkeiten beim Bau der Kölner U-Bahn vom Dienst suspendiert worden waren. An 27 von 413 Messprotokollen stellte die Stadt zudem Auffälligkeiten fest.
Die Stabilität der Baustelle sei nicht gefährdet, sagte ein Sprecher der Stadt. Anders als in Köln sind die Baugruben noch nicht ausgehoben. Nach einem Bericht der „Rheinischen Post“ lässt die Bezirksregierung Düsseldorf nun bis zu 40 Jahre alte U-Bahn- und Straßenbauten, an denen Bilfinger beteiligt war, erneut überprüfen.
Finanziell hat das Unternehmen für mögliche Schäden bisher nicht vorgesorgt. „Veranlassung, Rückstellungen zu bilden, gibt es gegenwärtig nicht“, sagte Konzernchef Herbert Bodner am Montag. Es gebe einen ausreichenden Versicherungsschutz.
Experten äußerten daran gestern Zweifel. Baufirmen verfügen in der Regel über großzügig berechnete Haftpflichtpolicen, die das Unternehmen absichern sollen, wenn – wie beim Einsturz des Kölner Stadtarchivs – Dritte zu Schaden gekommen sind. Für den Kölner U-Bahn-Bau hat Bilfinger nach Informationen aus der Branche eine eigene Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Die Versicherungssumme soll rund 80 Mio. Euro betragen. „Falls es zu Schadensersatzansprüchen kommen sollte, dürfte die Versicherungssumme kaum reichen“, hieß es aus der Versicherungswirtschaft.
Die Ursachen des Archiveinsturzes werden noch ermittelt. Allein der Stadt Köln ist dadurch ein Schaden von rund 500 Mio. Euro entstanden. Für den Inhalt des Archivs zahlte die Provinzial Rheinland bereits 61,5 Mio. Euro an die Stadt Köln. „Wenn sich herausstellen sollte, dass Bilfinger Berger für den Einsturz des Stadtarchivs mitverantwortlich ist, werden wir Regressforderungen stellen“, sagte ein Sprecher der Provinzial Rheinland. Man warte aber die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ab.
Bilfinger Berger verfügt nach FTD-Informationen zusätzlich über eine sogenannte Bauleistungsversicherung, die ein Konsortium unter Führung von HDI-Gerling gezeichnet hat. Der Versicherer wollte dies nicht kommentieren. Diese Police deckt Schäden am Bauwerk selbst. Nach Schätzungen von Experten könnte die Versicherungssumme im Fall der Kölner U-Bahn zwischen 600 und 700 Mio. Euro liegen. Kosten, die wegen Pfusch am Bau entstehen, deckt eine solche Versicherung allerdings nicht ab.
Agenda23
Quelle: Financial Times Deutschland
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