Firmen nehmen für Ausfuhren mehr Hermes-Bürgschaften in Anspruch
Von Patrick Hagen
Die Entscheidung der Bundesregierung, den Bau des Atommeilers Angra 3 in Brasilien abzusichern, hat die staatlichen Hermes-Deckungen in die Schlagzeilen gebracht. Die milliardenschwere Absicherung ist seit langer Zeit die erste staatliche Exportkreditgarantie für Atomtechnologie der Bundesregierung. Umweltschützer waren empört. Union und FPD hatten den von Rot-Grün festgeschriebenen Ausschluss von Atomtechnologie für Hermes-Programme rückgängig gemacht.
Der Bau von großen Anlagen oder Kraftwerken im Ausland ist für Unternehmen ohne staatliche Deckungszusagen kaum zu stemmen. Aber nicht nur für Großprojekte sind Hermes-Verträge unverzichtbar – auch Mittelständler, die Geschäfte in risikoreichen Märkten machen, nutzen sie. Seit Beginn der Krise ist ihre Bedeutung stark gestiegen. „Hermes-Deckungen sind definitiv wichtiger geworden, teilweise waren sie die einzige Möglichkeit für Exporteure, überhaupt noch Geschäft zu machen“, sagt Gregor Wolf, Experte für Exportfragen beim Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Das zeigen auch die Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums. Im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung Hermes-Deckungen in Höhe von 22,4 Mrd. Euro gewährt – ein Zuwachs von 8,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
In der Regel sichern sich Lieferanten bei Auslandsgeschäften mit Kreditversicherungen ab, die einspringen, wenn der Kunde nicht zahlt. Während der Krise haben sich die privaten Kreditversicherer aber aus vielen Geschäften zurückgezogen. „Die Bundesregierung hat die Hermes-Deckungen im Rahmen der Konjunkturpakete dagegen attraktiver gemacht“, sagt Ruth Bartonek von Euler Hermes. Der private Kreditversicherer wickelt die Deckungen zusammen mit dem Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers im Auftrag des Bundes ab – daher auch ihr Name. Diese Tätigkeit ist komplett getrennt vom Kerngeschäft der Allianz-Tochter. Das Risiko trägt der Staat.
Bei Pauschaldeckungen, die Geschäfte mit mehreren Kunden in verschiedenen Ländern absichern, können Unternehmen sich neuerdings aussuchen, ob sie eine höhere Prämie in Kauf nehmen, dafür aber im Falle eines Schadens nur 5 Prozent statt 15 Prozent selber tragen müssen. Seit August vergangenen Jahres dürfen außerdem auch für kurzfristige Lieferungen in OECD- und EU-Mitgliedsländer staatliche Deckungen gewährt werden. Normalerweise sind diese Staaten ausgeschlossen, da es genügend private Anbieter gibt. Hermes-Deckungen dürfen nur dann eingesetzt werden, wenn es keine privatwirtschaftliche Alternative gibt.
Die Ausnahmeregelung sei dringend nötig gewesen, sagt Wolf vom BGA. „Der Markt hat keine Lösung angeboten.“ Die Unternehmen hatten Aufträge, konnten sie aber nicht absichern. In so einer Situation verzichten die meisten Hersteller lieber auf das Geschäft, als das nicht kalkulierbare Risiko eines Zahlungsausfalls selbst zu übernehmen, sagt Wolf. Er plädiert dafür, die Ausnahmeregelung, die bis Ende 2010 befristet ist, um ein weiteres Jahr zu verlängern. „Wir sehen noch keine Entspannung.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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