Lieferanten müssen gerade in Krisenzeiten einschätzen können, ob ihrAuftraggeber noch bei Kasse ist. Die Nachfrage nach aktuellen Zahlungsdaten istdadurch stark gestiegen
Die Zahl der Unternehmenspleiten wird auch 2010 zunehmen. Prognosen von Kreditversicherern gehen von einem Anstieg um 9,2 Prozent auf 36 900 Insolvenzen aus. Kreditversicherungen, die das Risiko eines Zahlungsausfalls absichern, sind deshalb schwer zu bekommen. Bei den Firmen wächst das Interesse an Alternativen zur Police. „Die Krise hat den Bedarf an Informationen massiv steigen lassen und fördert den Aufbau von integrierten Kreditmanagementsystemen“, sagt Thomas Dold, Deutschland-Chef der internationalen Auskunftei D&B.
Die Gefahr, dass ein Kunde insolvent wird und gelieferte Waren oder Dienstleistungen nicht bezahlt, können Unternehmen an Kreditversicherer übertragen. Bevor eine Gesellschaft eine Deckung zusagt, prüft er genau die Bonität eines Abnehmers. Ist sie schlecht, lehnt er ab.
Auch Firmen ohne Police brauchen solche Informationen und können sie kaufen. „Unterm Strich hat die Nachfrage nach Bonitätsauskünften zugenommen“, sagt Michael Bretz, Sprecher von Creditreform. Dabei gibt es zwei gegenläufige Entwicklungen: Zum einen brauchen Unternehmen mit weniger Kunden und Umsatz auch weniger Auskünfte. Zum anderen wollen die Firmen genauere Informationen als früher. „Das Instrumentarium hat sich verändert“, berichtet Bretz. Klassischerweise greifen die Auskunfteien auf Jahresabschlüsse und Geschäftsberichte zurück. Der Trend gehe aber hin zu aktuellen Zahlungsdaten. Sie sind nicht nur schneller erhältlich, sondern geben auch Aufschluss über die Bonität von Firmen, die selbst keine Informationen veröffentlichen, erklärt Bretz.
Sven Krause vom Versicherungsmakler Marsh sieht in mangelhaften Daten ein großes Problem. Hinter der Ablehnung einer Anfrage nach Kreditversicherung steckten oft keine schlechten Risiken, sondern fehlende oder veraltete Auskünfte. Damit könne der Versicherer das Risiko schlicht nicht einschätzen. Selbst Firmen, die ihre Abschlüsse im Bundesanzeiger veröffentlichen müssen, kommen der Pflicht nicht immer nach. „Der Druck der staatlichen Stellen für eine zeitnahe Veröffentlichung ist für diese offenbar nicht groß genug“, bemängelt Krause.
Aber auch die Kreditversicherer müssten mehr tun, um ihre Daten zu komplettieren. „Einmal einen Betrieb anzuschreiben reicht da nicht.“ Ein großes Versicherungsunternehmen habe im Zuge der Krise sein Portfolio durchforstet, systematisch Firmen mit lückenhaften Daten angeschrieben und auf die Konsequenzen hingewiesen, berichtet der Makler. Die Aktion habe großen Erfolg gehabt, weil die Unternehmen erkannt hätten, dass solche Lücken negativ auffallen und ihre Geschäftsbeziehungen gefährden können.
Für D&B Deutschland-Chef Dold ist das Problem schwieriger zu lösen. In Deutschland seien zahlreiche Kleinstunternehmen von der Veröffentlichungspflicht ausgenommen. Das sei in Ländern wie der Schweiz oder Großbritannien anders. Besserung sei hierzulande nicht in Sicht.
Freiwillige Angaben seien auch im Sinne der Betriebe. „Viele Unternehmen unterschätzen, was ein positives Geschäftsprofil für ihre Entwicklungsmöglichkeiten bedeutet.“ Größere und internationale Konzerne pflegen keine Geschäftsbeziehungen mit Firmen, über die keine Daten vorliegen. Sie schließen sie als Bieter auf ihren Einkaufsportalen aus.
Dold ist auch verantwortlich für das neue Auskunftsangebot „Hoppenstedt 360“, das im April startet. Es zielt auf mittlere und große Unternehmen, die Bonitätsauskünfte automatisiert abfragen und in der eigenen IT verarbeiten. Das Verfahren sei unabdingbar beim Aufbau von Kreditmanagementsystemen, erklärt Dold. Wie D&B gehört Hoppenstedt zum schwedischen Bisnode-Konzern.
Marsh-Experte Krause fordert die Überarbeitung der Instrumente der Bonitätsprüfung bei Versicherern hin zu Risikosimulationen, die eine Prognose für die Zukunft erlauben. Das gebe es schon für ganze Branchen, doch kaum für einzelne Firmen. Krause fürchtet aber, dass die Forderung in Vergessenheit gerät, sobald die Krise vorbei ist. „Das Thema wird uns erhalten bleiben.“
Katrin Berkenkopf
Quelle: Financial Times Deutschland
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