Vergeltung für HUK-Angriff auf Glaskartell erwartet
Von Herbert Fromme, Hamburg
Nach dem Vorstoß des Versicherers HUK-Coburg gegen die Mitglieder eines von der EU dingfest gemachten Autoglaskartells drohen Vergeltungsmaßnahmen der Industrie. Das zumindest fürchten Gesellschaften, die von einem früheren Kartellverfahren gegen 17 Industrieversicherer betroffen waren. „Bislang hat die Industrie in ihrer Rolle als Versicherungskunde keine Ansprüche gegen uns gestellt“, sagte ein Vorstand eines betroffenen Versicherers. Es habe ein stillschweigendes Gentlemen’s Agreement zwischen der Assekuranz und dem Bundesverband der Deutschen Industrie gegeben, dass die Industrie keine Forderungen an die Versicherer stelle. „Das ist jetzt in Gefahr.“ HUK-Coburg war nicht von dem Verfahren betroffen.
Die Coburger Gesellschaft verlangt von Autoglasherstellern Millionenbeträge. Die EU-Kommission hatte im November 2008 Strafen in Höhe von 1,38 Mrd. Euro gegen vier führende Hersteller von Autoglas erlassen, weil sie jahrelang durch enge Absprachen die Preise künstlich hochgehalten hatten.
HUK-Coburg – die Nummer zwei in der Autoversicherung – argumentiert, dass ihr als einem der größten Abnehmer von Autoglas für Unfallreparaturen Schadensersatz zustehe, weil sie zu viel für gläserne Ersatzteile bezahlt habe.
Rivalen äußerten sich gestern vorsichtig. Die Allianz prüfe regelmäßig, ob sie von aufgedeckten Kartellen betroffen sein könnte, sagte ein Sprecher des Marktführers. Dann werde untersucht, ob Schadensersatzansprüche bestehen und Erfolg versprechend geltend gemacht werden können. „Mit Blick auf das Autoglaskartell ist diese Prüfung noch nicht abgeschlossen.“ Bei der Munich Re-Tochter Ergo hieß es vage: „Wir prüfen derzeit intern, ob Ersatzansprüche gegen die Glashersteller geltend gemacht werden sollen.“
Ein möglicher Grund für die Vorsicht: Nach der HUK-Logik könnten Industrieunternehmen von Versicherern Geld verlangen. Das Bundeskartellamt hatte 2005 Bußgelder von zusammen 150 Mio. Euro gegen 23 Manager und 17 Gesellschaften verhängt, darunter Allianz, Ergo, Talanx und Axa. Die Firmen sollen sich ab Anfang 1999 zu Prämien und Bedingungen in der Industrieversicherung abgesprochen haben. Sie müssen jetzt befürchten, dass Industrieunternehmen zu viel gezahlte Prämien aus der Zeit des Kartells zurückfordern.
Quelle: Financial Times Deutschland
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