Finanzvertrieb will Provisionsvorschüsse bis 2012 in Millionenhöhe · Vorstandnennt Wachstum als Grund
Von Herbert Fromme, Köln
Der Hannoveraner Finanzvertrieb Formaxx hat dringenden Finanzbedarf. Nach Informationen der FTD aus Versicherungskreisen hat das Unternehmen bei mehreren Gesellschaften Provisionsvorauszahlungen in Millionenhöhe verlangt, die bis 2012 über einen Teil der Abschlussprovisionen zurückgezahlt werden sollten. Formaxx vertreibt Versicherungen und Anlageprodukte mit freien Handelsvertretern.
Vorstand Ralf Steinmeister sagte der FTD, es sei „absolut üblich“ in der Branche, mit Versicherern Provisionsvorschüsse zu vereinbaren. Einen besonderen Finanzbedarf seines Unternehmens gebe es nicht. „Wir wachsen stark, da hat man immer Finanzbedarf.“
Das sehen Brancheninsider anders. Formaxx habe gerade von MLP viele Vertreter mit Garantieprovisionen angelockt. Ihnen falle es aber sehr schwer, auch entsprechend hohes Neugeschäft zu generieren. Deshalb sei der Finanzbedarf bei Formaxx außergewöhnlich hoch und nicht branchenüblich.
Wie alle Finanzvertriebe lebt Formaxx vor allem von der Vermittlung von Lebensversicherungen. In diesem Feld ist der Markt eingebrochen, Kunden scheuen angesichts der Krise langfristige Festlegungen. Im einzigen Wachstumssegment, den bankähnlichen Kapitalanlagen in Renten- oder Kapitalisierungsprodukten, spielen die Vertriebe keine Rolle. Auch MLP, AWD und OVB haben mit schwachen Umsätzen zu kämpfen und große Probleme, neue Vertreter zu gewinnen.
Formaxx ist im Oktober 2007 mit viel Aufhebens an den Start gegangen. Gründer waren Eugen Bucher, bis 2006 Vertriebsvorstand bei MLP, und Ralf Steinmeister, bis Juni 2007 führend bei der Schweizer Vermögensberatung, einer Tochter der Deutschen Vermögensberatung AG. Im Vorstand sind heute außerdem Jörg Jacob, früher General Manager bei AWD, und Kai Lange, einer der Gründer von AWD.
Auch ein Teil der Vertreter kommt von anderen Vertrieben, vor allem von AWD und MLP. Die Beziehungen zwischen Formaxx und den Rivalen waren von Anfang an wenig freundlich. Steinmeister macht deshalb auch Konkurrenten verantwortlich für die immer wieder kursierenden Gerüchte über finanzielle Probleme.
Allerdings ist die Zahl der Vertreter nach seinen Angaben auf 650 zurückgegangen. Vor Kurzem hatte das Unternehmen noch von 700 gesprochen. Zahlen über Umsätze, Gewinn oder Fluktuation nennt die Firma nicht. „Das würde nur unseren Wettbewerbern nützen“, sagte Steinmeister. Anfang Juni 2010 veröffentlichte das Unternehmen aber die Bilanz für das Geschäftsjahr vom 1. Oktober 2007 bis zum 30. September 2008, dem ersten vollen Formaxx-Geschäftsjahr. Die Gewinn-und-Verlust-Rechnung und damit eine Umsatzzahl veröffentlichte Formaxx nicht.
Aus der Bilanz geht hervor, dass die Firma im ersten Jahr einen Verlust von 14 Mio. Euro eingefahren hat. Vom Vermögen in Höhe von 31 Mio. Euro sind 15 Mio. Euro „sonstige Vermögensgegenstände“. Laut Erläuterung handelt es sich dabei vor allem um Forderungen gegen die eigenen Vertreter – also Provisionsvorschüsse, die von den Vertriebsleuten über ihren Umsatz zurückgezahlt werden müssen.
Für Formaxx stellt sich die Frage, ob das Unternehmen allein lebensfähig ist. Rivalen behaupten, die Eigner hätten das Unternehmen zum Verkauf angeboten – Formaxx bestreitet auch das.
Unbestritten ist, dass der Deutsche Ring bei der Gründung des Vertriebs mit einem Darlehen von mehr als 20 Mio. Euro aushalf. Das kam bei den Streitigkeiten um die Zukunft der inzwischen aufgeteilten Gruppe ans Licht.
Der Einfluss der Deutscher Ring Krankenversicherung, die jetzt zur Signal Iduna gehört, wurde Ende 2009 bestätigt. Damals teilte Formaxx mit, dass unter den drei neuen Aufsichtsratsmitgliedern auch Ulrich Leitermann ist, Vorstand der Signal Iduna. Signal Iduna kontrolliert auch den Kölner Vertrieb OVB.
Die Nähe zu einem einzelnen Versicherer ist für Formaxx problematisch, weil das Unternehmen in Werbung und Verkauf die eigene Unabhängigkeit stark betont. Eine finanzielle Verflechtung würde diese untergraben.
Quelle: Financial Times Deutschland
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