Reederei lehnt Kaufbedingungen von Milliardär Albert Frère ab · Banken dringen auf Kapitalerhöhung
Von Lutz Meier, Paris,
und Patrick Hagen, Köln
D ie Rettung der weltweit drittgrößten Containerreederei steht auf der Kippe. Wie Pariser Branchenkreise gestern bestätigten, hat der belgische Milliardär Albert Frère die Gespräche über einen Einstieg beim hoch verschuldeten Marseiller Konzern CMA CGM abgebrochen. Beide Seiten konnten sich demnach nicht auf Mitbestimmungsrechte einigen, die Frère verlangte. Frère wollte mit dem französischen Staatsfonds FSI 500 Mio. Dollar zahlen und 30 Prozent übernehmen. CMA CGM hat zuletzt erklärt, man führe „weiterhin Gespräche mit mehreren Investoren“.
CMA CGM steht seit Wochen unter dem Druck der Gläubiger, die das Marseiller Handelsgericht angerufen haben. Die Reederei geriet mit der Finanzkrise ins Straucheln. Jacques Saadé, dessen Familie CMA CGM kontrolliert, hatte in Erwartung großer Geschäftszuwächse vor der Finanzkrise reihenweise riesige Containerschiffe geordert. Mit Krise und Umsatzeinbruch haben sich die Schulden auf geschätzt 5,6 Mrd. Dollar summiert. Die Banken dringen auf eine Kapitalerhöhung.
Doch die Gespräche mit möglichen Investoren scheiterten: Saadé will keine Macht abgeben. Der autoritär regierende 73-Jährige hatte zuletzt Mitte Juli bei der Taufe der „Christophe Colombe“, eines der größten Containerschiffe der Welt, für einen Eklat gesorgt. Er erklärte die Verhandlungen mit der Qatar Holding aus dem Scheichtum für beendet, die an der Seite von Partnern 750 Mio. Dollar in sein Unternehmen pumpen wollte. Die Bedingungen der Investoren seien „zu hart“ gewesen, so Saadé.
Saadé hat das Imperium als Autodidakt aufgebaut – und weckt bis heute Bewunderung und Kopfschütteln. Er wird als ebenso tyrannisch wie argwöhnisch beschrieben. „Er beweist im Sturm einen extrem kühlen Kopf“, sagt Renaud Muselier, der als Marseiller Abgeordneter der Regierungspartei bei Präsident Nicolas Sarkozy Stimmung für den Patriarchen macht. Andere sagen, Saadé versuche eiskalt, die Banken abzuzocken. Er lasse ihnen die Wahl, das Geld für bestellte Schiffe nachzuschießen oder bereits geleistete Zahlungen abzuschreiben.
Der gebürtige Libanese Saadé ist während des Bürgerkriegs in seiner Heimat 1976 nach Frankreich gekommen. Der Abkömmling einer Textilhandelsdynastie begann mit einem einzigen Schiff und fünf Angestellten und wurde später zum großen Profiteur der Privatisierung der staatlichen Großreederei CGM. Für nur 16 Mio. Franc (rund 2,5 Mio. Euro) übernahm er das zuvor vom Staat mit 1 Mrd. Franc rekapitalisierte Unternehmen.
Der damalige Präsident Jacques Chirac sorgte für den Zuschlag. Das verdankt Saadé wahrscheinlich seiner Freundschaft mit dem einstigen libanesischen Premier Rafik Hariri, der wiederum eng mit Chirac verbunden ist. Obwohl Saadé CMA CGM zu einem Konzern von Weltbedeutung machte, sah er sich im Pariser Geschäftsmilieu als Einwanderer nur bedingt akzeptiert.
Albert Frère ist ein ähnlicher Charakter wie Saadé. In Deutschland wurde der Belgier bekannt, als er die Bertelsmann-Eignerfamilie Mohn auf einen Kaufpreis von 4,5 Mrd. Euro für seinen 25-Prozent-Anteil am Medienkonzern hochtrieb. In Frankreich spielte Frère unter anderem eine maßgebliche Rolle bei der Bildung des Energieriesen GDF Suez, wo er Hauptaktionär ist. Die Gespräche mit CMA CGM seien nicht endgültig beendet, heißt es jetzt.
Die wirtschaftliche Lage hat das Unternehmen auch in Konflikt mit deutschen Firmen gebracht. Der Hamburger Charterreeder Claus-Peter Offen hat bereits ein Schiff der Franzosen als Sicherheit an die Kette legen lassen. CMA CGM hatte sich vor der Krise verpflichtet, bis April 2009 drei Bauverträge für sehr große Containerschiffe mit Platz für 12 500 Standardcontainer (TEU) zu übernehmen, die Offen bei der koreanischen Werft Samsung Heavy Industries bestellt hatte. Bisher hat CMA CGM seine Verpflichtungen nicht erfüllt. „Wir sind weiter in Verhandlungen“, sagte Offen der FTD.
Quelle: Financial Times Deutschland
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