US-Großbank sichert sich durch Beteiligung an Finanzvertrieb Aragon deutschenVertriebskanal für Fonds
Von Herbert Fromme, Köln
Nach dem Einstieg der US-Bank Citigroup pocht der börsennotierte Finanzvertrieb Aragon auf seine Unabhängigkeit. In einer Telefonkonferenz anlässlich der Halbjahreszahlen versicherte Unternehmenschef Sebastian Grabmaier gestern, dass Aragon auch mit dem neuen Anteilseigner an seiner produktunabhängigen Beratung festhalte. Die Amerikaner hatten vor Kurzem über ihre Tochter Citigroup Financial Products 10,1 Prozent an Aragon erworben und dafür mit rund 11 Mio. Euro den Marktpreis gezahlt.
Mit dem Einstieg will die Citigroup ihren Fondsvertrieb in Deutschland forcieren, nachdem sie 2008 mit dem Verkauf ihrer deutschen Banktochter Citibank an Crédit Mutuel für 4,9 Mrd. Euro einen wichtigen Verkaufskanal verloren hat. „Statt sich jetzt in ein anderes Filialnetz einzukaufen, sucht Citigroup eine starke Position im Finanzdienstleisterbereich“, sagte Grabmaier.
Für Aragon rückt damit das Ziel näher, vor allem im Geschäft mit gehobenen Privatkunden zu wachsen und damit den Konkurrenten MLP anzugreifen. Das Unternehmen sieht sich als „Haupttreiber der Konsolidierung“ bei den Finanzvertrieben. Vor wenigen Wochen übernahm das Unternehmen Finum Finanzhaus in Köln mit rund 100 Vertretern und 7,6 Mio. Euro Umsatz. Im vergangenen Jahr kauften die Wiesbadener die Österreichtochter von MLP. Mit dem Finum-Kauf sieht sich Grabmaier endgültig in einer Liga mit den Großen der Branche angekommen.
Der Wiesbadener Finanzvertrieb verkauft Versicherungen, Fonds und andere Finanzprodukte auf zwei Wegen: Über seinen Maklerpool Jung, DMS & Cie. bietet die Gruppe unabhängigen Versicherungs- und Finanzmaklern eine Plattform und Produktvereinbarungen mit Anbietern an. Über eigene Vertriebe wie den Krankenversicherungsspezialisten Inpunkto und die Compexx Finanz verkauft das Unternehmen mit Handelsvertretern Policen und Fonds.
Grabmaier betonte, dass sich die erwarteten Provisionseinnahmen aus dem Geschäft mit dem neuen Anteilseigner bereits 2011 positiv in Aragons Zahlen auswirken würden – auch wenn man mit der Citigroup erst noch passende Produkte entwickeln müsse und das 24 oder sogar 36 Monate dauern könne. Bislang seien die Angebote des neuen Partners sehr angelsächsisch geprägt. „Wir wollen jetzt mit ihnen Fonds, langfristige Sparangebote und strukturierte Investmentprodukte entwickeln, deren Schwerpunkt auf Garantien und Sicherheit liegt“, sagte Grabmaier.
Wie wenig sich das Unternehmen in der Produktpolitik von seinen Anteilseignern hineinreden lasse, zeige das Beispiel Axa. Dem französischen Versicherer gehören 27 Prozent an Aragon. „Axa hat bei unserem Umsatz mit Versicherern einen Anteil von weniger als fünf Prozent“, sagte Grabmaier. Weitere 38 Prozent gehören der Gruppe Angermayer, Brumm & Lange, Credit Suisse hält acht Prozent, der Streubesitz liegt bei 17 Prozent.
Im ersten Halbjahr 2010 steigerte Aragon den Umsatz von 29 Mio. Euro auf 48 Mio. Euro, zum Teil durch die Übernahmen. Das Ergebnis vor Steuern (Ebit) blieb mit 0,2 Mio. Euro in der Verlustzone, war aber deutlich besser als der Verlust von 1,2 Mio. Euro im Vorjahr. Eine Steuergutschrift von 0,4 Mio. Euro sorgte für einen kleinen Gewinn von 0,2 Mio. Euro, verglichen mit minus 0,9 Mio. Euro im Vorjahr. Grabmaier sagte, die operativen Einheiten seien größtenteils gewinnbringend, die Obergesellschaft habe aber hohe Beratungskosten durch die Zukäufe gehabt.
Dass sich Grabmaiers Expansionsdrang nicht immer auszahlt, zeigt der Zukauf des maroden Vertriebs MEG im Jahr 2009. Die auf den Verkauf von Policen für private Krankenversicherer spezialisierte Gesellschaft hatte zum Überleben hohe Darlehen von Versicherern erhalten. Aber auch Aragon konnte MEG nicht mehr retten.
Quelle: Financial Times Deutschland
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