Immer mehr Unternehmen interessieren sich für betrieblicheKrankenversicherungen. Zusatzpolicen helfen beim Gewinnen und Binden vonPersonal
Von Ilse Schlingensiepen
Stellenangebote könnten künftig um ein Versprechen reicher werden: Wir kümmern uns um Ihre Gesundheit. Was in den USA längst gang und gäbe ist, zieht langsam auch in deutsche Unternehmen ein: private Krankenversicherungsangebote als Anreiz, gute Mitarbeiter zu finden oder zu binden.
Bayer finanziert Führungskräften, die gesetzlich krankenversichert sind, eine Zusatzversicherung der DKV, die sie Privatpatienten gleichstellt. Der Chemieriese war der erste deutsche Großkonzern, der Top-Mitarbeitern solche Leistungen bei der Krankenversicherung bietet.
„Das Bayer-Vorbild hat eine Menge anderer Unternehmen auf den Plan gerufen, die sich für das Modell interessieren“, berichtet Kai Großheim, Consultant Health and Benefits beim Beratungsunternehmen Mercer, das zum Maklerkonzern Marsh & McLennan gehört. Sowohl Großunternehmen als auch kleine und mittelgroße Firmen setzen sich mit dem Thema auseinander, sagt Großheim. „Bei der Suche nach qualifiziertem Personal sehen manche eine Chance, Nachteile wie einen unattraktiven Standort wettzumachen.“
Ähnlich wie bei der betrieblichen Altersvorsorge können Arbeitgeber für ihre Mitarbeiter entweder die Kosten für die Policen übernehmen oder ihnen über die betriebliche Lösung Zugang zu Angeboten verschaffen, die günstiger sind als bei einem Privatabschluss.
Bei der Gothaer Krankenversicherung kommt der Großteil der Beitragseinnahmen in der betrieblichen Krankenversicherung von den Arbeitnehmern selbst. Es gibt auch Modelle, bei denen der Arbeitgeber eine Zusatzversicherung eine Zeit lang finanziert und es dann den Mitarbeitern überlässt, die Police weiterzuführen, sagt der Vorstandsvorsitzende Michael Kurtenbach. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass kaum ein Arbeitnehmer abspringt.“
Wenn möglichst viele Mitarbeiter einem Gruppenvertrag beitreten, profitieren sie von einem besonderen Vorteil: Die Versicherer verzichten auf die Gesundheitsprüfung. Es können also auch Menschen mit chronischen Krankheiten eine private Zusatzpolice kaufen, was sie sonst nur zu sehr hohen Preisen oder mit Ausschlüssen könnten. „Wenn sich mindestens 100 Beschäftigte beteiligen, verzichten wir auf die Risikoprüfung“, sagt Kurtenbach.
Die Gothaer bietet Firmen auch die Kombination von Zusatzversicherungen und Leistungen des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Dazu zählen Sportkurse und Rückenschulen im Betrieb oder Vorsorgeuntersuchungen. „Im Gesundheitsbereich kann man als Unternehmen punkten“, weiß Kurtenbach. Besonders bei den Personalabteilungen stoßen Angebote in diesem Bereich auf große Resonanz. „Die Versicherungseinkäufer in den Unternehmen tun sich mit dem Thema schwerer“, sagt er.
Von den knapp 50 privaten Krankenversicherern (PKV) sind bislang maximal zehn in diesem Bereich unterwegs, schätzt Mercer-Experte Großheim. Die Zurückhaltung der Versicherer ist erstaunlich, denn es handelt sich nach seiner Einschätzung um ein Geschäftsfeld mit Zukunft. „Der Vertrieb von Krankenzusatzversicherungen, die vom Arbeitgeber voll oder zum Teil finanziert werden, bringt hohe Stückzahlen“, sagt er.
Die Hallesche Krankenversicherung hat 2009 damit begonnen, das Geschäftsfeld intensiver zu betreiben. „Wir sehen in dem Markt ein großes Potenzial, in das man allerdings viel Arbeit investieren muss“, sagt Vorstandsmitglied Wiltrud Pekarek. „Viele Unternehmen haben grundsätzlich Interesse am Thema, aber noch einen großen Informationsbedarf.“ Wichtig sei auch, dass die Anbieter in ihrer Produktgestaltung flexibel sind, sagt sie.
Die Gothaer erzielt in der betrieblichen Krankenversicherung kontinuierlich Zuwächse. „Ich erwarte für die Zukunft keinen Quantensprung, sondern eine langsame, stetige Entwicklung“, sagt Kurtenbach.
Einen Schub könnte den Versicherern der Gesetzgeber verschaffen: Je mehr Leistungen die Politik aus dem Angebot der gesetzlichen Krankenkassen streicht, desto größer wird der Bedarf an Zusatzpolicen und desto mehr können sich Arbeitgeber mit entsprechenden Angeboten profilieren. „Betriebliche Krankenversicherungen eignen sich für jeden Arbeitgeber“, sagt Pekarek von der Halleschen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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