Wohnungsschutzbriefe bieten Serviceleistungen an, die nach Meinung vonVerbraucherschützern meist überflüssig sind
Das Angebot klingt gut. Fällt die Tür ins Schloss und der Schlüssel liegt drinnen, ruft der Ausgesperrte die 24-Stunden-Hotline seines Versicherers an. Der schickt den Schlüsseldienst ins Haus und kommt für die Rechnung auf. Fällt die Heizung am Wochenende aus, organisiert er einen Fachmann, der sich auch außerhalb der regulären Arbeitszeiten darum kümmert, dass die Wohnung wieder warm wird.
Viele Versicherer bieten ihren Kunden in sogenannten Haus- und Wohnungsschutzbriefen solche zusätzlichen Serviceleistungen an. Die Spanne der vermittelten Dienste ist breit und erschöpft sich nicht in Hilfeleistungen bei verstopften Rohren, vergessenen Schlüsseln oder defekten Stromkabeln. Derartige Policen können Versicherte als Zusatzbaustein zur Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung kaufen, etwa bei der WWK Versicherung oder der Barmenia. Einige Gesellschaften, wie die Allianz, bieten den Schutz auch unabhängig von anderen Verträgen an. „Der Schutzbrief kann eine große Hilfe sein, schon allein bei der Auswahl des Handwerkers“, sagt ein Sprecher der Barmenia. Der Versicherer arbeitet mit ausgewählten Dienstleistern zusammen und wirbt damit, dass die Handwerksbetriebe strengen Qualitätskontrollen unterliegen. Der Service garantiere Qualitätsstandards, so die Versicherer, weil sie ihre Vertragshandwerker prüfen.
Das macht das Angebot für viele Kunden attraktiv. Gerade in Großstädten ist es oft schwierig, bei der Vielzahl der angebotenen Dienstleistungen einen Fachmann zu finden, der gute Arbeit abliefert. Viele kennen den Handwerker nicht persönlich und fürchten, an einen unfähigen oder teuren Anbieter zu geraten, wenn sie aufs Geratewohl im Telefonbuch nach Hilfe suchen. Zudem: Die Schutzbriefe sind nicht teuer. 5 Euro kostet die Deckung bei den meisten Anbietern monatlich.
Verbraucherschützer sehen die Policen indes kritisch. „Dafür, dass der Versicherer den Blick ins Telefonbuch übernimmt, ist es immer noch zu viel“, sagt Hajo Köster vom Bund der Versicherten. Zudem übernehmen die Anbieter nur in wenigen Fällen tatsächlich die Kosten. Viele zahlen etwa nur für Schäden an der Elektroinstallation, nicht aber, wenn Waschmaschine oder Kühlschrank streiken oder der Heizkessel kaputtgeht.
Andererseits wiederum decken die Schutzbriefe Bereiche ab, deren Absicherung nicht nötig ist. So kommen die Haus- und Wohnungsschutzbriefe von Barmenia, HUK-Coburg oder DEVK für die Entfernung von Wespennestern auf oder bezahlen einen Kammerjäger, wenn Ameisen oder Schaben sich in der Wohnung eingenistet haben. Für Mieter etwa sind solche Zusatzleistungen nutzlos, weil der Vermieter für die Beseitigung von Ungeziefer aufkommen muss. Das sieht der Sprecher von Barmenia anders. „Der Schutzbrief sieht etliche Leistungen vor, die den Vermieter nicht betreffen, zum Beispiel die Unterbringung von Tieren oder die Kinderbetreuung im Notfall“, sagt er. Doch er gibt zu: „Bei Schäden, die umfangreiche Installateurarbeiten erfordern, muss der Gebäudeeigentümer seine Wohngebäudeversicherung in Anspruch nehmen.“
Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bemängelt, dass sich der Kunde auch mit einem Wohnungsschutzbrief nicht sicher sein kann, dass seine Gesellschaft die Serviceleistungen tatsächlich bezahlt. Je nach Höhe des Schadens kann der Kunde schnell in die Situation geraten, für einen Großteil selbst aufkommen zu müssen, weil der Versicherer pro Jahr nur einen begrenzen Betrag übernimmt. „Kunden sollten das Geld lieber für wirklich wichtige Versicherungen wie eine Haftpflicht- oder Berufsunfähigkeitspolice aufwenden“, so Weidenbach.
Anne-Christin Gröger
Quelle: Financial Times Deutschland
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