Meiji Yasuda zeichnet Wandelanleihe und will Aktionär werden // Globale Kooperation vereinbart
Herbert Fromme , Köln
Der japanische Lebensversicherer Meiji Yasuda will nach dem seit Jahren geplanten Börsengang des Hannoveraner Konkurrenten Talanx dessen Großaktionär werden. Meiji Yasuda hat daher eine Talanx-Pflichtwandelanleihe über 300 Mio. Euro vollständig gezeichnet, die unbegrenzt läuft. Den Zinssatz nannten die Unternehmen nicht. Geht Talanx tatsächlich an die Börse, müssen die Papiere in Stammaktien umgewandelt werden. Der Deal ist Teil eines langfristigen strategischen Kooperationsvertrags, den die Unternehmen gestern unterzeichnet haben.
Talanx-Chef Herbert Haas schlägt so mehrere Fliegen mit einer Klappe: Der seit Ende 1997 angekündigte und mehrfach verschobene Börsengangsplan gewinnt an Glaubwürdigkeit, außerdem hat der Konzern jetzt seinen ersten „Ankerinvestor“. Die Hannoveraner können zudem darauf verweisen, dass sie für einen international agierenden Konzern als Anlageziel interessant sind. Zugleich gewinnen sie einen kapitalstarken Partner für den Ausbau der globalen Präsenz.
Talanx gehört einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, der von der deutschen Industrie dominiert wird. Haas und sein einflussreicher Aufsichtsratschef Wolf-Dieter Baumgartl, der vor Haas den Konzern geführt hatte, wollen 49 Prozent von Talanx an die Börse bringen. Das ist nach jetzigem Stand frühestens in der zweiten Hälfte des Jahres 2011 möglich. Der Verein und damit die Industrie sollen die Mehrheit behalten.
Meiji Yasuda wäre schon dann ein bedeutender künftiger Anteilseigner, auch wenn das Unternehmen es beim heutigen Engagement belässt.
Die Talanx-Gruppe verfügte Ende 2009 über rund 7,2 Mrd. Euro Eigenkapital. Die meisten Versicherungsaktien in Europa werden seit Jahren zum Buchwert oder etwas darunter gehandelt – geht Talanx in diesem Umfeld an die Börse, halten die Japaner dank der 300 Mio. Euro rund 4,2 Prozent.
Die Anleihe ist so strukturiert, dass sie auch unter dem EU-Regelwerk Solvency II als Tier-1-Kapital gilt, also voll als Eigenmittel anerkannt wird. Das Papier hat ein Rating von „BBB“ bei Standard & Poor’s, zwei Stufen unter der „A-„-Bonität von Talanx.
Zu Talanx gehören die HDI-Gerling-Gesellschaften sowie die Hannover Rück. Mit 21 Mrd. Euro Prämie im Jahr 2009 sieht sich das Unternehmen als drittgrößter Versicherer des Landes. Besonders in der Industrie- und in der Rückversicherung ist Talanx stark, in der Privatkundenversicherung einschließlich Leben gibt es deutliche Schwächen. Die will Haas durch eine Umstrukturierung in den Griff bekommen. Von Hannover Rück werden bereits etwas weniger als 50 Prozent an der Börse gehandelt.
Der Ertrag des Börsengangs der Mutter soll für den Ausbau des internationalen Geschäfts eingesetzt werden. Nur mit einer verstärkten globalen Präsenz kann die einstige Selbsthilfeeinrichtung deutscher Industriekonzerne im Wettbewerb langfristig gegen die Rivalen Allianz, AIG und Axa bestehen. Weltweit agierende Industrieunternehmen erwarten von ihren Versicherern Rundumbetreuung.
Meiji Yasuda kommt auf 30 Mrd. Euro Prämieneinnahmen. Das Unternehmen will das Auslandsgeschäft ausbauen, um die Abhängigkeit vom notorisch schwierigen Kerngeschäft in Japan zu reduzieren. Dabei setzt es auf die Kooperation mit Talanx. „Schwerpunkt gemeinsamer Zukäufe wären in einem ersten Schritt Polen und die Türkei“, sagte eine Talanx-Sprecherin. Dort wollen die beiden Seiten übernommene Firmen als Gemeinschaftsunternehmen führen.
Außerdem will Talanx dank Meiji Yasudas Kontakten das Geschäft mit der Industrieversicherung in Japan aufnehmen. Meiji dagegen habe keine Pläne, in der deutschen Lebensversicherung anzutreten oder sich an den Leben-Töchtern der Talanx zu beteiligen, sagte die Sprecherin. Die Japaner schicken zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat der Talanx-Tochter HDI-Gerling International, die bald in Talanx International umbenannt wird.
Quelle: Financial Times Deutschland
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