Schiffsfonds leiden unter der Insolvenz von Korea Line. Für die Branche kommtdas zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt
Patrick Hagen und Katrin Berkenkopf
Nach einer der schwersten Krisen ihrer Geschichte sollte es für die Schifffahrt in diesem Jahr eigentlich wieder aufwärts gehen. Die Emissionshäuser hatten die schweren Zeiten schon vor Monaten für beendet erklärt. Doch jetzt macht eine spektakuläre Pleite der Branche zu schaffen: Ende Januar hat die Reederei Korea Line (KLC) Gläubigerschutz beantragt. Das koreanische Unternehmen gehört zu den großen Betreibern von Massengutfrachtern, sogenannten Bulkern, und hat rund 150 Schiffe gechartert, also angemietet. Zu den Eigentümern dieser Schiffe gehören auch deutsche Schiffsfonds. Betroffen sind vor allem Beteiligungen von Conti und Nordcapital. Ganz dick hat es den Fonds Bulkerflotte 1 von Nordcapital erwischt. Gleich sieben der neun Schiffe des exklusiv von der Deutschen Bank vertriebenen Fonds sind an KLC verchartert.
Noch ist unklar, wie sich die Insolvenz auf die Fonds auswirken wird. Bis vor Kurzem seien die Charterraten vertragsgemäß gezahlt worden, heißt es bei Nordcapital. „Grundsätzlich sind nun alle Geldströme durch das Gericht freizugeben“, sagt Sprecherin Stefanie Rother. Wie es weitergehe, könne man derzeit nicht sagen. Sollte Korea Line nicht mehr zahlen, hat der Fonds ein Problem. Der Bankkredit könnte wohl nicht mehr voll bedient werden, es würde die Pleite drohen. Bei Conti sind die bereits platzierten Fonds Saphir und Selenit gefährdet; den gerade begonnenen Vertrieb für Peridot hat das Unternehmen gestoppt.
Es gilt als wahrscheinlich, dass Korea Line nun darauf drängen wird, die Verträge nachzuverhandeln. Das würde schmerzhafte Einbußen für die Fonds bedeuten. Als Grund für ihre Probleme gab die Reederei auch die hohen Charterraten an, die sie an die Eigentümer der Schiffe zahlen muss. Die vor der Krise mit Nordcapital vereinbarten Raten liegen deutlich über den aktuellen Tagespreisen. Conti hat dagegen Verträge mit deutlich niedrigeren Zahlungen für seine Schiffe geschlossen. „Wir wurden im Vorfeld auch nicht um Ratenreduktionen gebeten“, sagt Vertriebschef Wolfgang Menzl. Bei anderen Schiffseigentümern hat es diese Anfragen gegeben.
Die Schieflage von Korea Line ist aber nicht nur eine Bedrohung für die direkt betroffenen Fonds, sondern bedeutet einen Rückschlag für die gesamte Branche. In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Tätigkeit der Emissionshäuser auf Schnäppchenfonds, die günstig notleidende Schiffe erwerben sollten, und das Einsammeln von Nachschüssen beschränkt. Im vorigen Jahr konnte die Zunft nach Zahlen des Branchenverbands VGF insgesamt zwar fast 1 Mrd. Euro für Schiffsbeteiligungen einwerben – davon stammten aber allein 286 Mio. Euro aus Eigenkapitalerhöhungen für Krisenfonds. Im letzten Quartal 2010 schien der Markt wieder besser in Schwung gekommen zu sein. Die Korea-Line-Pleite könnte jetzt Anleger verschrecken, die gerade erst wieder Vertrauen zur Schifffahrt fassen, fürchten viele in der Branche.
Denn mit der koreanischen Massengutreederei ist ein Segment der Schifffahrt betroffen, auf das die Fondsbranche große Hoffnungen gesetzt hat. Weil Containerschiffe bei vielen Anlegern immer noch als Problemschiffe gelten, setzten die Anbieter auf Massengutfrachter, mit denen Erz und Kohle, Getreide und Düngemittel transportiert werden. Fast alle Branchengrößen haben zurzeit einen solchen Frachter im Angebot: Nordcapital ist mit ER Bordeaux im Vertrieb, HCI Capital mit Kilian S, MPC Capital mit Rio Manaus.
Nach außen geben sich die Anbieter unbesorgt. „Wir müssen den Anlegern eben klarmachen, dass das Schiff langfristig verchartert und außerdem in einem Pool beschäftigt ist, was zusätzliche Sicherheit gibt“, sagt HCI-Sprecherin Christina Hoke. Der mittelgroße Frachter „Kilian S“ sei noch für mehrere Jahre an die bonitätsstarke japanische Reederei MOL verchartert. Auch MPC verweist auf eine langfristige Charter der Sanko Line für „Rio Manaus“ und betont, dass man von der KLC-Pleite nicht direkt betroffen ist. „Diese führt allerdings dazu, dass die grundsätzliche Möglichkeit eines Charterausfalls im Vertrieb stärkere Beachtung findet“, räumt Sprecherin Marion von der Dick ein.
Die Branche fürchtet vor allem, dass die Probleme von KLC kein Einzelfall bleiben könnten. Zurzeit befinden sich die Tagesraten für Massengutfrachter wieder auf Talfahrt. Dazu kommt, dass Reeder in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von neuen Frachtern bestellt haben, die jetzt zur Ablieferung anstehen und die den Markt weiter unter Druck setzen werden. Das trifft die Fonds nicht direkt, weil sie langfristige Verträge abgeschlossen haben. Aber wenn Reeder unter Druck geraten, versuchen sie als erstes, die Raten nachzuverhandeln. In der Branche wird der Schritt von KLC, Gläubigerschutz zu beantragen, in erster Linie als Mittel gesehen, sich von den hohen Zahlungsverpflichtungen für gemietete Schiffe zu befreien.
Bei der Platzierung von Containerschiffen halten sich die Fondshäuser noch zurück. HCI gehört zu den wenigen Anbietern, die noch in der ersten Jahreshälfte einen Containerschiffsfonds auf den Markt bringen wollen. Details stehen noch nicht fest, sagt die Sprecherin. Es werde aber ein mittelgroßes Schiff mit einer Kapazität von unter 5000 Boxen.
Das kleine Hamburger Emissionshaus Premium Capital hat bereits ein Containerschiff in den Vertrieb gegeben. Der Frachter ist allerdings 16 Jahre alt und wurde ursprünglich durch einen Fonds der Hansa Treuhand finanziert. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Containermärkte sich 2011 deutlich erholen“, sagt Geschäftsführer Kai-Michael Pappert. Er ist der Ansicht, dass die Anleger wieder bereit sind, Geld in Containerschiffe zu investieren. Sein Unternehmen hat seit 2007 keine solchen Frachter mehr finanziert oder bestellt. „Ich will nicht behaupten, dass wir die Krise in diesem Ausmaß vorausgesehen haben. Aber es war schon eine sehr bewusste Entscheidung, uns zu diesem Zeitpunkt aus dem Markt zurückzuziehen.“ Danach verlegte sich Premium Capital auf die Finanzierung von Flusskreuzfahrern. Im vergangenen Jahr versuchte es das Unternehmen auch mit einem sogenannten Schnäppchenfonds – mit mäßigem Erfolg. „Opportunitätsfonds waren eine tolle Idee“, sagt Pappert: „Aber es zeigte sich, dass Investoren ein klar definiertes Projekt bevorzugen.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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