Härtere Eigenkapitalvorschriften für die Assekuranz verteuern Investitionenin Immobilien
Die Immobilienbranche fürchtet gravierende Kollateralschäden durch schärfere Vorschriften für die Versicherer. Die unter dem Stichwort Solvency II geplante Einführung neuer Vorschriften zur Risikokontrolle wird die Kapitalanlagepolitik der Assekuranz erheblich verändern. Investitionen in Immobilien könnten damit unattraktiver werden.
Die deutschen Versicherer sind gewaltige Kapitalanleger. Die Firmen verwalten mehr als 1300 Mrd. Euro. Knapp fünf Prozent davon investieren sie in Immobilien. Im Januar 2013 wird die EU-Richtlinie Solvency II eingeführt, nach der auch Risiken aus Kapitalanlagen mit Eigenmitteln des Versicherers unterlegt werden müssen. Dabei sollen Immobilien ähnlich wie Aktien als besonders risikoreich eingestuft werden. Für Immobilien müssen die Versicherer einen Wertverlust von 25 Prozent ausgleichen können und entsprechend viel Eigenkapital vorhalten. Für Staatsanleihen, auch griechische, verlangt die EU keine Sicherheitspuffer.
„Die Anforderungen unter Solvency II führen zu einer deutlich höheren Unterlegung mit Eigenkapital als aktuell erforderlich und damit zu einer Mehrbelastung für die Unternehmen“, sagt Hannes Tutschku, Sprecher des Versicherers Signal Iduna. Dieser hat eine überdurchschnittlich hohe Immobilienquote von sieben Prozent.
Dabei unterscheiden die Risiko-raster nicht nach Immobilienklassen. Das Wohnhaus in München-Schwabing gehört zur selben Risikokategorie wie die Gewerbeimmobilie in Bulgarien. „Den deutschen Immobilienmarkt derart zu bestrafen, ist keine akzeptable Konsequenz einer Richtlinie, deren eigentliches Ziel die Risikokontrolle der Versicherungen ist“, sagt Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA). Er fürchtet negative Auswirkungen insbesondere für den Wohnungsbau. „Das momentane Solvency-II-Konzept diskriminiert Immobilienmärkte mit geringer Volatilität und geringem Risiko“, sagt er.
Auch die Kapitalanleger der Versicherer sehen die neuen Regeln kritisch. „Das niedrige Risikoprofil von hoch qualitativen, mit langfristiger Perspektive investierten Immobilien, die typischerweise von Versicherungsgesellschaften nachgefragt werden, ist derzeit nicht angemessen im Standardmodell von Solvency II wiedergegeben“, sagt Josef Wild von Meag, dem Kapitalanleger des weltweit größten Rückversicherers Munich Re und dessen Erstversicherungstochter Ergo. Die EU gibt ein Standardmodell zur Risikoklassifizierung vor. Munich Re und andere entwickeln allerdings eigene Konzepte und können so Risiken individueller abbilden – und müssen weniger Eigenkapital vorhalten.
Die neuen Regeln werden den Markt aufmischen, erwartet der Geschäftsführer der Immobilien-Kapitalanlagegesellschaft LB Immo Invest, Martin Lemke: „Solvency II wird Ausgangspunkt einer Innovationswelle.“ Er glaubt nicht, dass Versicherer im großen Maßstab dieser Anlageklasse den Rücken kehren. Die Versicherer werden aber mehr darauf achten, dass sie möglichst wenig Eigenkapital bereitstellen müssen. Deshalb werden alternative Produkte auf den Markt kommen, die die Anforderungen an das Risikokapital mindern, erwartet er. Vorstellbar seien Verbriefungen oder klassische Anleihen auf Immobilienbasis.
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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