Weitere Töchter der Bremer Spezialreederei gehen in Insolvenz // Kampf umDeutungshoheit
Herbert Fromme
und Patrick Hagen, Köln
Fünf weitere Töchter der Bremer Schwergutreederei Beluga haben gestern Insolvenz angemeldet. Zu den Gesellschaften gehören die Beluga Sea Academy und die Beluga Fleet Management, die allein 86 Mitarbeiter hat. Die jetzt eingetretene Insolvenz weiterer Teile der Reedereigruppe galt als wahrscheinlich, nachdem in der vergangenen Woche die beiden Kerngesellschaften Beluga Chartering und Beluga Shipping in die Pleite gegangen waren. Zuvor hatten Schiffsfonds und andere Eigner, die ihre Frachter an die Bremer Gesellschaft vermietet hatten, die Charterverträge für rund 50 der 70 von Beluga betriebenen Schiffe gekündigt. Mehr als 500 Mitarbeiter sind von den Insolvenzen betroffen.
Beluga begründete den Gang zum Amtsgericht erneut mit „erheblichen Unregelmäßigkeiten im Hinblick auf Umsatz und Liquidität“. In Bremen ist mittlerweile eine Schlammschlacht um die Deutungshoheit über die Ereignisse entbrannt.
Der Unternehmensgründer und Anteilseigner Niels Stolberg behauptete, der Hedge-Fonds Oaktree habe Beluga bewusst in die Insolvenz gedrängt. Bei dem von Oaktree in der Reederei installierten neuen Management hieß es dagegen, Stolberg habe seit zwei Jahren mit Geldern, die eigentlich für Schiffsneubauten bestimmt waren, Löcher in der Gesellschaft gestopft. Dabei habe er neben Oaktree auch Banken, Werften und Anleger in Schiffsfonds betrogen. Es soll um eine Summe von rund 100 Mio. Euro gehen. Gegen den beurlaubten Stolberg ermittelt nach einer Anzeige von Oaktree die Staatsanwaltschaft.
„Stolberg hat das Unternehmen aus dem Nichts aufgebaut und sich ein entsprechendes Image gegeben“, sagte ein Manager. „Als die Situation in der Krise eng wurde, konnte er sein Scheitern nicht eingestehen, sondern hat Gelder hin und hergeschoben, um die Löcher zu stopfen.“ Am Ende habe Beluga den Schiffsfonds rund 40 Mio. Euro an Mieten geschuldet.
Oaktree selbst sorgt sich um Investitionen von rund 120 Mio. Euro. Das meiste Geld steckt in Schiffsneubauten, nicht in den Beluga-Gesellschaften. Von der verbliebenen Flotte von rund 20 Schiffen gehören mehr als zehn Frachter Oaktree.
Insider erwarten, dass Oaktree diese Schiffe mithilfe einer neuen, kleineren Firma im Markt halten will, die entweder aus der Beluga-Insolvenz entsteht oder als Neugründung mit einer Kernmannschaft von Beluga-Beschäftigten weitermacht. Eine solche neue Spezialreederei für Schwergut könnte dann auch für Schiffsfonds und ihre Schiffe interessant sein. „Dann wird Oaktree mittelfristig mit Gewinn verkaufen“, hieß es.
Quelle: Financial Times Deutschland
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