Zehn Prozent der deutschen Gesellschaften fallen beim letzten Test zu neuenEU-Regeln durch
Herbert Fromme , Köln
Dreizehn deutsche Lebensversicherer haben nicht genug Eigenmittel, um die Vorgaben der neuen EU-Eigenkapitalregeln Solvency II zu erfüllen. Das habe die Ende 2010 durchgeführte und vorerst letzte Testrunde ergeben, teilte die Finanzaufsicht BaFin mit. Das sind 17 Prozent der Lebensgesellschaften, die teilgenommen hatten. Insgesamt haben die Lebensversicherer den Test aber bestanden: Sie hatten komfortable 158 Prozent des erforderlichen Kapitals.
Mit Solvency II will die EU einheitliche Anforderungen an Eigenkapital und Aufsicht bei Versicherern durchsetzen und alle Risiken berücksichtigen. Wer hohe Risiken übernimmt oder in Aktien investiert, muss dafür mehr Eigenkapital vorhalten als ein Versicherer mit geringeren Versicherungsrisiken und Kapitalanlagen in Staatsanleihen.
Die Namen der durchgefallenen Versicherer nannte die Aufsicht nicht. „Einige dieser Unternehmen zeichnen zurzeit kein Neugeschäft oder sind nur in sehr geringem Umfang tätig“, so die BaFin. Bei anderen Unternehmen, die das Ziel nicht erreichten, wirkten sich vor allem die niedrigen Zinsen aus. Diese treffen gerade Versicherer mit hohen Beständen an privaten Rentenversicherungen.
In der privaten Krankenversicherung rissen zwei von 35 teilnehmenden Versicherern die Hürde. In der Schaden- und Unfallversicherung waren es sechs Gesellschaften oder fünf Prozent der 124 Teilnehmer. In der Krankenversicherung lag die Bedeckungsquote im Schnitt bei 176 Prozent des erforderlichen Kapitals, bei den Schaden- und Unfallgesellschaften sogar bei 225 Prozent.
Über alle Sparten fielen zehn Prozent der 251 teilnehmenden deutschen Versicherer bei der Probe durch – verglichen mit 15 Prozent auf EU-Ebene. Die BaFin teilte mit, es müsse „stets der Testcharakter“ der Übung berücksichtigt werden.
In ihrer Auswertung nahm die Aufsicht Bezug auf die heftige Kritik von Teilnehmern an den Regeln, die von der BaFin selbst mit erarbeitet wurden. Die Unternehmen fanden die Standardformel für die Risikoberechnung viel zu komplex und monierten zahlreiche Einzelvorschriften. Man habe die Teilnehmer um das „bestmögliche Bemühen“ bei der Teilnahme gebeten, so die Aufsicht. Rund drei Prozent der Antworten mussten wegen Unbrauchbarkeit ganz aus der Berechnung genommen werden, bei den anderen habe die BaFin die Datensätze „vorsichtig bereinigt“. Im Februar hatte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft fehlerhafte Excel-Tabellen und mangelhafte Vorgaben bemängelt.
Die Branche erhielt gestern in ihrer Kritik Unterstützung von KPMG, mit weitem Abstand der größte Wirtschaftsprüfer bei Versicherungen. Zwar gehe Solvency II in die richtige Richtung, sagte Frank Ellenbürger, Chef der KPMG-Versicherungsprüfung. Aber die Komplexität müsse deutlich reduziert werden, um das System auch für mittlere und kleinere Versicherer handhabbar zu machen.
Auch die Zinsannahmen des Modells für die Lebensversicherer seien nicht zufriedenstellend, hier werde ein langfristiges Geschäftsmodell mit kurzfristig schwankenden Daten bewertet. „Außerdem führen falsche Anreize zu Fehlallokationen bei den Kapitalanlagen.“ Das habe nicht nur für die Versicherer Konsequenzen, sondern für die Gesamtwirtschaft.
Quelle: Financial Times Deutschland
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