Kolumne
Herbert Fromme
Die Kreditversicherer sind fest davon überzeugt, dass ihr Verhältnis zu Vorständen und Versicherungschefs großer Industriekonzerne nach den Erschütterungen 2008 und 2009 wieder in Ordnung ist. Sie täuschen sich. Die Industrie hat nichts vergessen.
Zurzeit boomt die Kreditversicherung im Takt mit der deutschen Wirtschaft. Wenn die Orderbücher voll sind, steigt der Bedarf nach finanzieller Absicherung der Lieferung gegen eine Pleite des Kunden. Auch die Ergebnisse der Branche sind nach zwei schweren Jahren wieder in Ordnung. Für Schäden, Verwaltungs- und Vertriebskosten mussten die Gesellschaften 2010 nur 56 Prozent der Beiträge ausgeben. Bei Einzelnen liegt die Schaden-/Kostenquote sogar schon wieder bei 40 Prozent.
Die Branche rechtfertigt die hohen technischen Gewinne mit den Verlusten, die sie in anderen Jahren tragen mussten. Wohl wahr – aber da fragt sich mancher Einkäufer der Industrie, warum dann 2008 und 2009 die Limite angesichts der Wirtschaftskrise so drastisch und nach Ansicht der Betroffenen nicht immer berechtigt gekürzt wurden. Das Misstrauen bei Finanzchefs und Risikomanagern der Industrie ist geblieben. Mancher wünscht sich mehr Flexibilität der Versicherer. Beispiel Diversifikation: Es sind weniger große Kreditversicherer am Markt als ein Finanzvorstand Finger an einer Hand hat. Deshalb könnte er sich gut vorstellen, weitere Versicherer an den Risiken zu beteiligen.
In der industriellen Feuer- und Haftpflichtversicherung ist es selbstverständlich, dass ein Industrieunternehmen sich bei mehreren Gesellschaften absichert, entweder in Form von Konsortien oder in einer Layer-Struktur, in der einige Anbieter nur bei größeren Schäden beteiligt sind.
Hier mauern die Kreditversicherer: Entweder Ihr macht das ganz mit uns oder gar nicht, ist die normale Antwort aus der Branche. Mitversicherungskonsortien, die von einem erfahrenen Kreditversicherer geführt werden und an dem sich andere Gesellschaften mit weniger Know-how beteiligen, wären aber aus Sicht vieler Kunden durchaus wünschenswert. Schließlich diversifizieren die Gesellschaften ihre Risiken ohnehin, nämlich durch Rückversicherer. Doch der Endkunde ist weiterhin größtenteils auf eine Gesellschaft und ihre Entscheidungen angewiesen.
Die Industriegiganten reagieren deshalb auf ihre Weise. Wenn die Kreditversicherung im Wesentlichen ein Ausgleich über die Zeit ist, dann können bilanzstarke Konzerne diese Risiken selbst über ihre Captives decken, die konzerneigenen Versicherer. Offenbar gibt es Gesprächsbedarf zwischen den beiden Seiten. Tabus sollte es dabei nicht geben.
Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der FTD.
Quelle: Financial Times Deutschland
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