Kolumne
Herbert Fromme
Endlich Ruhe. Das Pensionsdatum ist ohne große Zwischenfälle erreicht, der verdiente Vorstand verlässt mit 65 das eher ungeliebte Unternehmen. Er widmet sich künftig dem Golfspiel, agiert gelegentlich als Berater oder verbringt das halbe Jahr auf einer Baleareninsel, wonach auch immer ihm ist. Den alten Laden hat er hinter sich gelassen, außer der Pension und dem Kontakt mit einigen ausgewählten Kollegen verbindet ihn nichts mehr mit der Firma. Kein Aufsichtsratmandat, kein Beirat, gar nichts.
Leider ist das eine Wunschvorstellung, die wenig mit der Realität zu tun hat. Unser Ex-Vorstand hat noch mindestens zehn Jahre eine sehr enge Bindung an das alte Unternehmen, ob er will oder nicht. Denn im Dezember haben Bundestag und Bundesrat mit dem Restrukturierungsgesetz die Haftungszeit für Manager börsennotierter und kapitalmarktnaher Unternehmen von fünf auf zehn Jahre verdoppelt. Das heißt: Stellen ein Dritter oder das eigene Unternehmen sehr lange nach dem Ausscheiden Ansprüche gegen den Ex-Manager wegen tatsächlicher oder angeblicher Pflichtverletzungen, muss er sich auch im Rentenalter dagegen wehren.
Dass die Firma während der aktiven Zeit für unseren Mann eine D&O-Versicherung abgeschlossen hatte, schütze ihn nicht automatisch, weiß Michael Hendricks vom gleichnamigen Spezialmakler. „Bei D&O gilt die Versicherung zu den Bedingungen, die zum Zeitpunkt der Anmeldung der Forderung geherrscht haben.“ Lässt das Unternehmen die Deckung unverändert, gibt es kein Problem. Hat es aber den Versicherungsschutz in der Zwischenzeit reduziert, gilt das auch für den Pensionär.
Das Problem wird erst recht virulent, wenn das Unternehmen in Schwierigkeiten gerät oder übernommen wird. Insolvenzverwalter gehen prinzipiell auf Manager im aktiven Dienst und im Ruhestand los und versuchen, Geld aus ihrer D&O-Deckung loszueisen. Auch mancher Käufer findet den Gedanken interessant, sich einen Teil des Kaufpreises vom früheren Führungspersonal und dessen Versicherern erstatten zu lassen.
„Da machen sich viele Ex-Vorstände und Aufsichtsräte zu Recht Sorgen“, sagt Hendricks. Lösungen gibt es – aber sie sind nicht billig. „Wenn eine Gesellschaft für ihre Organe die Nachhaftung absichern lassen will, muss sie heute zwischen dem 1,5-fachen und dem dreifachen der Jahresprämie zahlen.“
Die Alternative: Unser Mann muss sich ausdrücklich von allen Ansprüchen freistellen lassen, das geht aber nur bei GmbHs. Oder er schließt eine persönliche D&O-Versicherung ab, die auch nicht billig kommt. Sorgenfreier Ruhestand sieht anders aus.
Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der FTD.
Quelle: Financial Times Deutschland
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