Deutsche Flagge droht von Schiffen zu verschwinden
Kathrin Werner
und Patrick Hagen, Wilhelmshaven
Di e deutsche Flagge wird künftig kaum noch am Heck deutscher Handelsschiffe wehen. Mehrere Reeder kündigten gegenüber der FTD an, ihre Schiffe künftig wieder in billigeren Flaggenstaaten anzumelden. Zuvor hatte sich auf der Nationalen Maritimen Konferenz am Wochenende ihre Hoffnung zerschlagen, dass die Bundesregierung Subventionskürzungen zurücknimmt.
„Wir werden ausflaggen und weniger deutsche Seeleute beschäftigen“, sagte ein Großreeder. „Wenn die Politik ihr Versprechen nicht hält, fühlen wir uns auch nicht mehr verpflichtet.“ Die Reederei Hapag-Lloyd prüft gerade, welche anderen europäischen Flaggen für ihre Schiffe infrage kommen.
Maritimes Bündnis gekündigt Der Schritt zeigt, mit welchem Einsatz die Branche um Subventionen kämpft. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatten der Beibehaltung von Zuschüssen zur deutschen Beflaggung auf dem Gipfel in Wilhelmshaven eine Absage erteilt.
Im Gegenzug für die Aufrechterhaltung von Zuschüssen zu Ausbildungsplätzen und Lohnnebenkosten hatten die Reeder zuvor versprochen, mindestens 500 Schiffe unter deutscher Flagge fahren zu lassen. Fünf Crewmitglieder müssen dafür aus Deutschland oder anderen EU-Ländern stammen. Laut Reederverband kostet das jährlich pro Schiff bis zu 500 000 Euro mehr als Flaggen aus Zypern oder Malta. Zurzeit fahren nur 445 der 3720 Schiffe deutscher Reeder unter Schwarz-Rot-Gold.
Die Regierung kürzt die Mittel nun auf zehn Prozent der 68 Mio. Euro aus dem vergangenen Jahr. Als Ausgleich bietet sie Bürokratieabbau – derzeit müssen Reeder 16 Behörden ansteuern, wenn sie ein Schiff in Deutschland melden wollen.
Hilfe gegen Piraten vermisst In absolute Billigländer wie Liberia können die Reeder kaum ausflaggen. Dann müssten sie auf vergünstigte Steuersätze verzichten. So ist die Tonnagesteuer daran gebunden, dass die Hälfte der Schiffe unter europäischer Flagge fährt. Nach dieser für die Branche existenziellen Regel werden nicht die echten Einkünfte besteuert, sondern eine günstige Pauschale nach Schiffsgröße gezahlt.
Auch bei Piratenattacken vermissen die Reeder Hilfe. Der Bund will über die EU-Mission Atalanta hinaus nicht gegen die Angriffe vorgehen. Mittlerweile gibt es sogar Überfälle in Indien. 2010 entführten Piraten 53 Schiffe und nahmen 1181 Geiseln.
Streit um Umweltschutz: Seite 4
Quelle: Financial Times Deutschland
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