Krankenversicherer fordern gesetzliche Unterstützung
Ilse Schlingensiepen , Köln
Die privaten Krankenversicherer (PKV) warnen vor der steigenden Belastung durch Kunden, die dauerhaft ihre Beiträge nicht bezahlen. Ende November 2010 zählte die Branche in der Vollversicherung rund 88 500 Kunden, die mindestens sechs Monate lang ihre Beiträge schuldig geblieben waren. Sie müssen durch die anderen Beitragszahler subventioniert werden, schreibt der PKV-Verband im Branchenbericht. „Im Hinblick auf die heute schon große und in Zukunft vermutlich weiter steigende Zahl der Nichtzahler drohen der PKV und ihren Versicherten erhebliche wirtschaftliche Belastungen.“ Deshalb sei eine gesetzliche Regelung notwendig, die für Entlastung sorgt.
Seit 1. Januar 2009 dürfen private Krankenversicherer säumigen Versicherten wegen der Versicherungspflicht nicht mehr kündigen. Obwohl diese Kunden keine Beiträge bringen, verursachen sie Kosten: Die Versicherer müssen weiter für die Akutversorgung aufkommen und Alterungsrückstellungen bilden. Die 88 500 sind die erste offizielle Erhebung zur Dimension des Problems. Branchenvertreter hatten sogar schon die Zahl 150 000 genannt. Allianz, Axa und Hallesche arbeiten inzwischen mit Bonitätsprüfungen, um das Risiko zu reduzieren.
Das Problem belastet die Bilanzen der Gesellschaften. Jeden Monat müssen sie weitere Forderungen gegen die Nichtzahler einbuchen und möglicherweise später abschreiben. Die Summe würde daher selbst dann wachsen, wenn keine neuen Problemfälle hinzukämen. Um eine branchenweite Lösung zu erreichen, wirbt die PKV bei der Politik für die Einführung eines Spezialtarifs für Nichtzahler. Er soll ein niedriges Prämienniveau haben und ohne Alterungsrückstellungen auskommen. Das würde auch die Versicherten vor dem Anhäufen großer Beitragsrückstände bewahren. Die Nichtzahler beschäftigen die Branche auch bei der gestern und heute stattfindenden PKV-Mitgliederversammlung in Berlin.
Die Krankenvollversicherung ist das wichtigste Geschäftsfeld der PKV. Auf sie entfielen 2010 72 Prozent der Beitragseinnahmen von 33 Mrd. Euro. Während das gesamte Prämienaufkommen 2010 um 5,8 Prozent zugelegt hatte, nahmen die Versicherungsleistungen – inklusive der Schadenregulierungskosten – mit 3,8 Prozent auf 21,9 Mrd. Euro weniger stark zu.
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo