Versicherer muss weitere Unregelmäßigkeiten zugeben
Herbert Fromme , Köln
Die Imageprobleme bei dem zu Munich Re gehörenden Versicherungskonzern Ergo werden immer größer. Ergo-Vertreter haben Kunden mit beitragsfrei gestellten Lebensversicherungen 2009 nach FTD-Informationen geraten, die Verträge zu kündigen. Die ausgezahlten Summen sollten sie dann in spezielle Unfallversicherungen stecken. Dabei wurde den Betroffenen häufig verschwiegen, dass sie mit der Lebensversicherung in vielen Fällen auch Steuervorteile sowie die Zinsgarantie aufgeben, die bis zu vier Prozent beträgt. Einen „unglaublichen Vorgang, bei dem es nur um Abschlussprovisionen ging“, nennt das Lars Gatschke vom Verbraucherzentrale Bundesverband. „Einen Sinn für den Kunden kann man nicht nachvollziehen.“
14 000 Riester-Kunden Damit nimmt das Ansehen des durch eine Sexparty für Vertreter in Budapest in Verruf geratenen Versicherers weiter schweren Schaden. Erst vor zehn Tagen war bekannt geworden, dass Vertreter im Jahr 2005 Riester-Verträge unter Vorspiegelung falscher Kosten angeboten hatten. Das Unternehmen teilte am Freitag mit, 14 000 Riester-Kunden seien betroffen. Ergo glaubt, dass ein Teil der Enthüllungen gestreut wurde, um Forderungen von Ex-Vermittlern nach Abfindungen zu unterstützen. Das Unternehmen hat deshalb inzwischen Strafanzeige wegen versuchter Erpressung gestellt.
Bei der neuen Affäre hätten Vertreter der einstigen Ergo-Tochter Victoria systematisch und „auf Anweisung von oben“ Kunden mit beitragsfrei gestellten Lebenspolicen angesprochen, berichten Mitarbeiter. Zwischen 2000 und 4000 Policen seien gekündigt worden, mit dem Geld wurden Unfallversicherungen mit Beitragsrückgewähr (UBR) abgeschlossen. Die Vertreter erhielten hohe Provisionen. UBR-Policen sind umstritten. Sie verbinden die Unfalldeckung mit einem mäßig verzinsten Sparvertrag. „Die UBR ist eine der überflüssigsten Sparten“, sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten.
Ergo untersagte PraktikenErgo bestreitet, dass es sich um eine systematische Aktion handelte. „Nach ersten Hinweisen auf Umdeckungen von beitragsfrei gestellten Lebensversicherungen untersagte das für den Victoria-Vertrieb zuständige Vorstandsmitglied Olaf Bläser in einem Schreiben an die Vertriebsstellen Mitte August 2009 diese Praktiken umgehend“, teilte ein Sprecher schriftlich mit. Zum Vorwurf der mangelnden Aufklärung über mögliche Nachteile erklärte er, Ergo sei nicht sicher, „dass in jedem Fall den Kunden Vor- und Nachteile der Transaktion transparent gemacht wurden“.
Quelle: Financial Times Deutschland
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