Kolumne
Herbert Fromme
Die deutsche Industrie bildet ihren Managementnachwuchs zum großen Teil selbst aus. Klar, die jungen Leute kommen von der Hochschule – aber dann werden die Betriebswirte, Juristen, Ingenieure oder Mathematiker in sorgfältig komponierten Traineeprogrammen mit der Managementpraxis vertraut gemacht. Bei den Versicherungsexperten der Industrie ist das anders. Hier bilden die Konzerne wenig aus. Die meisten verlassen sich darauf, dass sie von Versicherern und Maklern genügend gute Leute abwerben können.
Das könnte zu einem gewagten Spiel werden. Denn im gesamten Markt gibt es eine eindeutige Verknappung an gutem Nachwuchs für das hoch spezialisierte Feld.
Bei den Versicherern regiert seit Jahren der Rotstift. Sparprogramme, Umstrukturierungen, Betreuung von Maklern und Kunden durch Callcenter statt durch Fachleute sorgen dafür, dass eine Karriere in der Industrieversicherung wenig erstrebenswert erscheint. Außerdem sind ganz einfach viel weniger Stellen da.
Nicht viel anders sieht es bei den Maklern aus. Der Preisverfall der vergangenen Jahre hat die großen Maklerhäuser unter enormen Umsatz- und Ertragsdruck gesetzt. Denn ein großer Teil des Umsatzes kommt aus Provisionen und hängt damit direkt am Preisniveau. Und bei den Gebühren, mit denen große Konzerne die Beratungsleistung der Makler entgelten, wirken sich die Sparanstrengungen der Kundschaft aus. Die Folge: Die Maklerfirmen müssen mit ausgewiesenen Experten trumpfen, sonst nehmen die Industriekunden sie nicht ernst. Aber sie haben wenige. Das von Werbeagenturen bekannte Phänomen der Präsentationsriesen, wenn es um das Holen eines Auftrags geht, und der Exekutionszwerge in der täglichen Arbeit ist auch bei Versicherungsmaklern nicht ganz unbekannt.
Für Industriekonzerne, ihre Vorstände und Aufsichtsräte kann eine schlechte Absicherung existenzbedrohend sein. Das gilt, wenn ein Unternehmen mit einem fehlerhaften Produkt auf dem Markt ist und keine ordentliche Produkthaftpflichtversicherung hat. Oder wenn die Absicherung gegen Ansprüche an Vorstand und Aufsichtsrat durch die Managerhaftpflichtversicherung löchrig ist. Es reicht eben nicht mehr, sich dazu den Rat vom Makler oder Versicherer einzuholen. In der Frage, wie denn der gesetzlich vorgeschriebene Selbstbehalt der Manager am günstigsten abzusichern sei, widersprechen sich die Experten aus diesen Lagern munter.
Es geht nicht anders: Die Finanzvorstände müssen das Problem sehr viel ernster nehmen als bisher und sich auch hier mehr Nachwuchs selbst heranziehen. Sonst droht Gefahr.
Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der FTD.
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo