Containerlinien senken Raten zur Auslastung neuer Riesenfrachter // Nachfrage nach gemieteten Schiffen bricht ein // Deutsche Eigner besonders betroffen
Patrick Hagen , Köln
Deutsche Reeder leiden zunehmend unter dem harten Wettbewerb in der Containerschifffahrt. Die Preise, die sie für die Vermietung ihrer Schiffe bekommen, die sogenannten Charterraten, sind stark unter Druck. „Der Markt fällt nahezu täglich, es herrscht richtig Druck auf die Raten“, sagte ein Hamburger Schiffsmakler. Er erwartet, dass die Charterraten in den nächsten Wochen um bis zu zehn Prozent sinken werden.
Die drohende Flaute in der Containerschifffahrt ist eine schlechte Nachricht für viele deutsche Reeder und Schiffsfonds. Hiesige Eigner kontrollieren ein Drittel der Weltcontainerschiffsflotte, der Ratenverfall trifft sie besonders hart. Ihr Geschäftsmodell besteht darin, Frachter an Linienreeder wie Maersk oder Hapag-Lloyd zu vermieten, die damit den Transport von Waren organisieren. Die Einnahmen der Linienreeder, die Frachtraten, fallen aber seit Anfang des Jahres. Deshalb haben sie zurzeit kaum Bedarf an Charterschiffen. Das lässt die Mietpreise sinken. Der Charterratenindex der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten, der die Aussichten für die Schiffsvermieter widerspiegelt, fällt seit Wochen.
Die Probleme der Linien sind allerdings hausgemacht. An den Ladungsmengen liegt es nicht, sie steigen weiterhin relativ stark. Doch die Reeder haben in den vergangenen Monaten eine große Zahl neuer Riesenschiffe mit Stellplätzen für mehr als 13 000 Standardcontainer in Dienst gestellt, die sie jetzt auslasten müssen. Dafür senken sie die Preise für den Transport. „Diese Schiffe verursachen Überkapazitäten und bringen Druck auf die Frachtraten“, sagte Burkhard Lemper vom Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik.
Besonders angefeuert wird der Preiskampf durch das Duell zwischen dem Marktführer, der dänischen Maersk, und der Nummer zwei im Markt, der italienischstämmigen Mediterranean Shipping Company mit Sitz in Genf. „Eigentlich wäre genug Ladung da, dass wir alle gutes Geld verdienen könnten“, sagte der Chef einer großen Linienreederei. Stattdessen müssen viele Linien nach einem Rekordjahr in 2010 nun wieder mit roten Zahlen rechnen.
Das angesehene Analysehaus Drewry prophezeit der Branche bereits ein düsteres Jahr: Die durchschnittlichen Frachtraten auf der Hauptstrecke zwischen Asien und Europa werden laut Drewry-Prognose um mehr als ein Fünftel zurückgehen. Zusätzlich belastet werden die Linien durch die stark angestiegenen Kosten für den Treibstoff.
Einige Linienreeder haben bereits reagiert und Schiffe von der Hauptstrecke zwischen Asien und Europa abgezogen. Das reicht nach Ansicht von Drewry nicht aus. Die Analysten empfehlen, wieder Schiffe stillzulegen wie in der Krise, als teilweise mehrere Hundert Frachter beschäftigungslos vor Anker lagen. Diese Maßnahme könnte zwar helfen, die Frachtraten zu stabilisieren. Sie brächte aber noch mehr Probleme für Charterreeder und Schiffsfonds, über die Privatanleger in die Schifffahrt investiert haben. Die vergangene Krise hat gezeigt, wie schnell die Liquiditätsreserven eines Fonds zu Ende sind, wenn das Schiff keine Einnahmen mehr hat.
Dabei fing das Jahr 2011 gut an für die Schiffsvermieter. Die Charterraten stiegen im ersten Quartal im Schnitt um 30 Prozent, allerdings waren sie vor allem für kleinere Schiffe noch nicht wieder hoch genug, um alle Kosten und den Schuldendienst an die Banken zu leisten.
Zusätzlichen Druck auf die Charterraten gibt es auch, weil die Linienreeder überschüssige Schiffe untervermieten. Da sie noch viele Frachter zu sehr niedrigen Preisen unter Vertrag haben, können sie die Preise der eigentlichen Vermieter unterbieten.
Lemper erwartet, dass die Frachtraten aufgrund der vielen Neubauten, die noch von den Werften abgeliefert werden, bis zum Jahresende unter Druck bleiben. Für die Charterreeder ist er optimistischer. Sie betreiben vor allem kleinere Schiffe, von denen nicht so viele Neubauten bestellt wurden. „Wir erwarten, dass der Chartermarkt bis zum Jahresende wieder steigt“, sagte Lemper.
Quelle: Financial Times Deutschland
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