Chaos im Kleingedruckten

Die Anbieter von Mietkautionsversicherungen liegen bei Details miteinander imClinch. Die können für Mieter teuer werden

Herbert Fromme

Die Mietkautionsversicherung ist eine junge, kleine Sparte – die aber einen durchaus lukrativen Markt beackert. Ihre Zielgruppe sind Menschen, die berufsbedingt öfter die Wohnung wechseln müssen und jedes Mal das gleiche Problem haben: Meistens sind für eine Übergangszeit die Mieten für zwei Wohnungen fällig, dazu kommen Maklerprovisionen, Umzugskosten und die Kaution von drei Monatsmieten. Das summiert sich rasch auf 10 000 Euro und mehr.

Hilfe versprechen die Versicherungsmakler Eurokaution, Kautionsfrei und Kautionskasse. Sie vertreiben Policen, die eine Kautionszahlung ersetzen und den Vermieter für den Fall absichern, dass sein Mieter nicht zahlt oder die Wohnung verwüstet. Das Risiko übernimmt ein Versicherer – bei Kautionsfrei ist das R+V, bei Eurokaution die Grundeigentümer-Versicherung. Die Kautionskassen-Risiken trägt Chartis, früher AIG.

Trotz ihrer noch jungen Existenz streiten sich die drei wichtigsten Anbieter schon jetzt wie die Kesselflicker. In der Auseinandersetzung geht es um eine Klausel in den Geschäftsbedingungen zweier Firmen. Diese bieten die spezielle „Bürgschaft auf erstes Anfordern“, damit Vermieter bei säumigen Mietern schnell an ihr Geld kommen.

„Das geht zu Lasten der Mieter und möglicherweise sogar der Vermieter“, sagt Rudolf Golling, Geschäftsführer der Düsseldorfer Plusforta, die als Kautionsfrei im Markt auftritt. „Das ist Unsinn“, kontert John Mahn, Chef von Eurokaution in Hamburg. „Bei uns ist der Mieter natürlich gegen unberechtigte Ansprüche geschützt.“ Dasselbe sagt der Dritte im Bunde, die Deutsche Kautionskasse in Starnberg.

Eurokaution sowie Kautionskasse versuchen mit der „Bürgschaft auf erstes Anfordern“ bei Hausverwaltern und Vermietern zu punkten, über die sie Policen vertreiben. Dabei handelt es sich um eine Sonderform der Bürgschaft, die dafür sorgen soll, dass ein Gläubiger – hier der Vermieter – vom Bürgen, also dem Versicherer, sofort sein Geld erhält, und nicht nach längeren Prozessen. „Die Klausel ist den großen Wohnungsverwaltern sehr wichtig“, sagt eine Sprecherin der Deutschen Kautionskasse. „Sie wollen wie bei einer Barkaution sofort ihr Geld und das Risiko ausschließen, dass die Sache erst durch die Rechtsabteilung des Versicherers geht.“

Kautionsfrei verwendet die Klausel nicht. „Denn es könnte passieren, dass der Versicherer auch zahlt, wenn der Anspruch gegen den Mieter nicht eindeutig ist“, sagt Golling. „Das kann zu Lasten des Mieters gehen.“ Denn wenn ein Versicherer gezahlt hat, versucht er immer, sich den Schaden vom Mieter wiederzuholen. Außerdem sei die Klausel laut BGH-Rechtsprechung in Geschäftsbedingungen für Privatkunden unwirksam, behauptet Golling. Das könnte die Wirksamkeit der Bürgschaft insgesamt gefährden – das ginge dann zu Lasten des Vermieters.

Beides bestreitet die Konkurrenz. „Die Klausel entspricht geltendem Recht“, sagt Eurokautions-Chef Mahn. „Außerdem erhält in jedem Schadenfall der Mieter die Unterlagen und hat ausreichend Zeit, nachzuweisen, dass ein Anspruch unbegründet ist.“

Der Streit lohnt sich, denn der Markt ist gewaltig. „Wir schätzen die Kautionszahlungen der Mieter auf 25 Mrd. Euro bis 30 Mrd. Euro“, sagt Golling. Doch noch ist der versicherte Bestand überschaubar. Beispiel Kautionsfrei: Von der Geschäftsaufnahme 2010 bis Ende August 2011 setzte Anbieter Plusforta insgesamt 19 000 Verträge ab. Die durchschnittliche Bürgschaftssumme betrug 1350 Euro. Verbraucherschützer und Mietervereinigungen raten ab: Das Angebot sei zu teuer, ein Kredit oder die Streckung der Kautionszahlung über drei Monate günstiger. Tatsächlich sind die Prämien gesalzen. Mieter zahlen bei Kautionsfrei 5,25 Prozent der Kaution, bei 3000 Euro also 158 Euro pro Jahr. Die Kautionskasse berechnet im ersten Jahr 200 Euro, dann 160 Euro, Eurokaution will 199 Euro.

Alle drei Makler verkaufen ihre Verträge über Hausverwaltungen sowie direkt an Mieter über das Internet. Sie erhalten Provisionen von den Versicherern. Die Höhe will keines der Unternehmen nennen. Sie dürften aber bei allen dreien nicht weit entfernt von 50 Prozent liegen. Die Begründung für den stolzen Betrag: Sie müssen einen Teil an die Hausverwaltungen abgeben und erledigen Verwaltungsarbeiten für die Versicherer.

Das potenziell lukrative Geschäft mit der mobilen Generation will Gollings Plusforta jetzt weiter ausbauen. Sie vermittelt einen speziellen Umzugskredit, der mit einem Festzins von 4,9 Prozent lockt – und vor allem dazu dienen soll, Maklerprovisionen zu zahlen. Die Kredite vergibt die Süd-West-Kreditbank in Bingen.

Quelle: Financial Times Deutschland

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